8. Funde in Rhäzüns: Münzen, Siegel, Taler, Fragmente usw.

Texte von: Legierte Datierungshilfen: Bei archäologischen Grabungen sind Münzen besonders interessante Fundobjekte, denn sie können helfen, Erdschichten einer bestimmten Zeit oder Epoche zuzuordnen. Darüber hinaus gewähren sie Einblicke in Politik, Wirtschaft und Mentalitätsgeschichte vergangener Zeiten: Warum wurden welche Bilder gewählt? Wozu wurden die Münzen geprägt? Wer verwendete sie, und wie lange blieben sie im Umlauf? Warum sind sie heute erhalten und wurden nicht wieder eingeschmolzen? Medaillen und Schriftquellen ergänzen das Bild.1

Aus der Bronzezeit: Im Schlossgraben kam 1937 ein Fragment eines Randleistenbeils zutage.

Römerzeit: Auf dem Plateau südlich des Schlosses (Saulzas) wurden zwischen 1920 und 1930 zwei Kupfermünzen gefunden: Magnentius (351-353) und Gratianus (367-383).

Mittelalter: Am 12. April 1904 wurde in „Prau radund Rhäzüns“, zwischen Mulegn sura und Runcaglia, ein Laveztopf mit über „2500 Silbermünzen mailändischer Prägung aus der Zeit zwischen 1385 bis 1412 gefunden. Um diese Zeit herrschte die so genannte Rhäzünser Fehde und jährlich zogen spanische Krieger durch die Umgebung. Allein 1248 Münzen waren Gepräge von Gian Maria Visconti. Einige Stücke sind im Rätischen Museum in Chur ausgestellt; der Rest wurde veräussert.

(Literatur: Dr. Dietrich Jecklin und Ercole Gnecchi, Il Ripostiglio di Räzüns, in: Rivista italiana di numismatica e scienze affini XVII, S. 323 – 332. Milano 1904.2

 
 Bilder: Rätisches Museum

              

Mittelalter: Zecchino des venezianischen Dogen Michele Steno, 1400 / 1413, Gold, aus Rhäzüns Saulzas. Durchmesser 2.2 cm. Inv. Nr. M 1977. 3. Diese Münze wurde im Jahr 1951 beim Kiesabbau in Saulzas von Giacum Anton (Tuni Caluster) Spadin (1907-1986) gefunden. Sie ist jetzt im Rätischen Museum ausgestellt.3

 

 
Bild: Stiftung Rätisches Museum

 

Das Kästchen (Truhe) von Scheid 

Abriss aus Quelle: Snderdruck aus dem 22. Jahresbericht 
Jahrgang 1892 der Historisch-Antiq. Gesellschaft von Graubünden

Das Wappenkästchen: ein Hochzeitsgeschenk für Anna III. v. Rhäzüns?
Die Beziehungen der Tumb (Ministerialengeschlecht aus Schwaben, urspr. Besitzer des Kästchens) zu den genannten Freiherrn lassen sich urkundlich nicht nachweisen; wenn aber der Historiker Luvalt angibt, dieses begüterte und angesehene Geschlecht sei mit den vornehmsten Familien des Landes verschwägert gewesen, so dürfen wir wohl nicht fehl gehen, wenn wir auch für die Tumb eine Allianz als Anknüpfungspunkt annehmen. So können denn fast sämtliche auf unserem Kästchen dargestellten Wappen in gewisse gegenseitige Beziehungen gebracht werden, ja, wir können die Grenzen seiner Entstehungszeit ziemlich eng ziehen.

Und wie der Historiker Zeller-Werdmüller annimmt, das Kästchen von Attinghusen sei bei der Hochzeit Wernhers I. von Attinghusen um 1250 „von den Freien des Emmenthals mit Einschluss des Grafen Hartmann von Kyburg zu Burgdorf und seines Hofadels als Brautgeschenk überreicht worden“, so vermutet er, dass das Kästchen ein Brautgeschenk für Anna III. von Rhäzüns war, die von Johann I. Graf von Werdenberg-Sargans heimgeführt wurde.

Wie konnte sich nun dieses Kästchen in das abgelegene Bergdörflein Scheid verirren? Folgende Deutung deucht die wahrscheinlichste zu sein.
„Die Ehe der Anna III. von Rhäzüns mit Graf Johann von Werdenberg war, wahrscheinlich durch beider Schuld, eine unglückliche. Am 14. August 1392 wird der getrennt von ihrem Gatten lebenden Gräfin schiedsgerichtlich die Burg Neuen Sins zugesprochen.Dahin man ihr sol och machen und buwen ain stuben, ain kammer, ain kuchi und die stegan bessern…item ir sond och werden sechs bett und was och ungefarlich darzuo gehört‘“. 

Auf Grund dieser geschichtlichen Tatsachen darf wohl vermutet werden, dass das vorliegende Kästchen ein Brautgeschenk für Anna III. von Rhäzüns war, das sie 1392 mit sich auf die Burg Neuen Sins nahm, woselbst es 1451 den die Burg zerstörenden Bauern in die Hände fiel und als Beute nach Scheid kam. Noch zwei Gründe können hier angeführt werden, die darauf hinweisen, dass das Kästchen als Trophäe hinauf nach Scheid kam: 1) Dass dieses Kästchen bis jetzt in der Kirche von Scheid aufbewahrt wurde; 2) dass auch im Gotteshause der benachbarten Gemeinde Feldis ein gleichaltriges Kästchen sich vorfand. Die Sitte, die Kriegsbeute in Kirchen aufzubewahren, war zu dieser Zeit normal.  

(Anna III. von Rhäzüns und Graf Johann von Werdenberg heirateten im Jahr 1367.)  

   
Wappentruhe aus der 1. Hälfte des 14. Jahrhunderts, aus Buchenholz gefertigt, mit Schloss und Behäng versehen, hat Dimensionen von: Länge 33 cm, Breite 17 cm, Höhe 28 cm. Auf der Vorderseite erkennbar: die Wappen von Vaz und das Wappen von Rhäzüns. Die Truhe steht im Rätischen Museum.4 (Photo: Stiftung Rätisches Museum.)

  
Siegel: Anna III. von Rhäzüns Gräfin von Werdenberg   

 

Die folgenden zwei Kurzbeiträge beleuchten schlaglichtartig einige Aspekte der Bündner Münz- und Geldgeschichte 

Aussenpolitik … 
Die Republik Venedig war ein wichtiger Handelspartner der Drei Bünde: Schlachtvieh, Käse und Lavezgeschirr wurden exportiert, Salz und Getreide importiert. Um 1600 lebten rund 3000 gewerbetreibende Bündner in der Stadt und genossen besondere Privilegien. 1603 kam nach langen diplomatischen Bemühungen ein politisch-militärisches Bündnis zustande, das im September desselben Jahres in Venedig prunkvoll gefeiert wurde. Zu diesem Anlass wurden an die Bündner Gesandtschaft Medaillen aus Gold und Silber verteilt. Die kleinere Goldmedaille im Wert von sechs Scudi, von der 50 Exemplare geprägt wurden, trägt auf der Vorderseite den Marcus-Löwen mit Schwert und Evangelium, den Kopf dem Betrachter zugewandt, in einem üppigen Kranz. Auf der Rückseite sind die Wappen der Drei Bünde in einer reichen Verzierung eingefasst, in der unten die Jahrzahl 1603 eingesetzt ist. Dieses Bündnis stiess auf heftigen Widerstand der Vertreter der spanisch-mailändisch-österreichischen Interessen. Es wurde nur auf zehn Jahre abgeschlossen und nicht mehr verlängert. Die Auseinandersetzungen um die aussenpolitische Ausrichtung führten in die Bündner Wirren und in den Dreissigjährigen Krieg.5


Quelle: H.-U. Baumgartner u. a.: „Zeugnisse der Geschichte Graubündens: Bündnismedaillen im Rätischen Museum“, (Schriftenreihe des Rätischen Museums 40), Chur 1996.        

 

...und Einzelschicksal

Frühe Neuzeit: Die kleine Barschaft aus einem Grab auf dem abgeplatteten Hügel „Saulzas Rhäzüns“ erzählt viele Geschichten: Entdeckt wurde sie 1952 in einem von etwa 15 Gräbern auf dem Hügel. Mann nimmt an, dass dieser Friedhof in den Pestjahren 1629-1631 angelegt wurde, weil der Friedhof um die St. Paul-Kirche übervoll war. Dazu passen die frisch geprägten Münzen der Stadt Chur von 1629, ein 10-Kreuzer-Stück und drei Groschen. Der Halbdicken der Stadt St. Gallen wurde 1624 geprägt, das Tiroler 10-Kreuzer-Stück mit dem Bildnis des Erzherzogs Ferdinand II. stammt noch aus dem Jahr 1568. Auswärtige Prägungen zirkulierten zusammen mit dem Churer Geld, gute Silbermünzen konnten sich lange im Umlauf halten. Solche Börsenfunde erlauben uns einen seltenen Blick auf gleichzeitig umlaufende Münzen. Eigentliche Grabbeigaben waren um 1630 schon nicht mehr üblich. Wie also kamen diese Münzen ins Grab? Wurde eine Pestleiche samt Kleidung und Börse unberührt bestattet? Oder waren die Münzen in die Kleidung eingenäht?6

 
Quelle: L. Joos: „Überblick über die Münzgeschichte und die wichtigsten Münzfunde von Graubünden“. 86. Jahresberich der Historisch-Antiquarischen Gesellschaft von Graubünden 1958, Chur 1957, S. 99-138; bes. S. 133-134.                                                                 

Fund aus der Pest-Begräbnisstätte Murè els curtgins aus dem 17./18. Jh. Ein Kupfer Fingerring von 20 mm Durchmesser kam im Sommer 2017 bei Sonja Trejo-Berther, Via Davitg Rhäzüns, beim Umstechen des Gemüse- Gartens zum Vorschein. Der Ring befindet sich im Kulturarchiv Rhäzüns (er enthält keine Gravierung).7 


Sammlung chrsp.

 

Siegel von Rhäzüns

 
Siegel der 1813 aufgehobenen sechs Porten oder Transportgenossenschaften Rhäzüns, Thusis, Schams, Rheinwald, Valle S. Giacomo und Misox, mit Merkur; 2. Hälfte 18. Jh. Eisen. Durchmesser 3,5 cm. Inv. Nr. V C 21. G: Thomas Camenisch Tartar 1896. Heute im Rätischen Museum Chur ausgestellt. (Photo: Stiftung Rätisches Museum)


Siegel des Rektors resp. Pfarrers der Pfarrei Rhäzüns – Bonaduz mit St. Georg und Umschrift „S(igillum) Ch(unrad)i d(i)c(t)i Friding (us) rechtori(s) ecc(lesi)e i(n) B(e)n(e)dutz“, 1. Hälfte 14. Jahrh. Die Wetter-Hexen: undat. Messing. Durchschnitt 3,6 cm. Inv. Nr. V C 45. Im Rätischen Museum Chur ausgestellt. (Photo: Stiftung Rätisches Museum)

 

Das Epitaph (Grabdenkmal) des Johann Anton von Rost (1638-1706) 
Das Epitaph (Grabdenkmal) des Johann Anton v. Rost kam bei der Aussenrenovierung der Pfarrkirche Maria Geburt 1968/69 zum Vorschein. Infolge der Wiederentdeckung eines Grabdenkmals in Rhäzüns wurde nach 263 Jahren ein Nachruf auf den damaligen österreichischen Administrator der Herrschaft Rhäzüns und kaiserlichen Gesandten bei den Drei Bünden (von 1696 bis 1706), Anton von Rost, wiederaufgefunden.M.s.u. 32. Die Verwaltung und Politik der Herrschaft Rhäzüns und 56. Verschiedene Geschichten

                                                                                                                   
Epitaph (Grabdenkmal) an der Westfassade der Kirche Maria Geburt.                       

 

Fund: Gräber-Feld
Begräbnisstätte: zwischen der heutigen Rätus-Kreuzung, Via d. Staziun u. Rest. Alpenblick. M.s.u. 25. Begräbnisstätten