32. Verwaltung und Politik der Herrschaft Rhäzüns (2.Teil)

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Einwände von Dr. Johann von Planta: Nachdem beschlossen worden war, Dr. Planta nebst 7300 Gulden des marmelischen Pfandschillings auch 3000 Gulden, die man von Stampa erlegen musste sowie weitere 2061 Gulden für den Marquarthof, den die Marmels zu der Pfandschaft gekauft hatten, aufzuerlegen, meldete Dr. von Planta, dass er die Steigerung des Pfandschillings nicht auf sich nehmen könne. Insbesondere wendete er ein, dass die kaiserliche Majestät den Pfandschilling, den die von Marmels nicht bezahlen konnten, verlieren müsste. Ferner wies Dr. von Planta darauf hin, dass das Urbar nicht mehr ganz beieinander sei, und er auch etliche Zinsen nicht mehr bekommen könne. Als „hochnachteilig“ bezeichnete Dr. von Planta den Artikel bezüglich des Wiederkaufes. Er war besorgt, dass er unverschuldet von der Herrschaft verstossen werden könnte, was für ihn zu ganz schlimmen Folgen führen müsste, da er sich wegen der Herrschaft in grosse Kosten gestürzt habe. Zudem sei zu befürchten, dass solche den ungehorsamen Untertanen noch entstehen würden. Er bat deshalb, ihm die Herrschaft auf Lebzeiten zu verschreiben. Die Kammerräte entgegneten, dass es nicht in ihrer, sondern in der Macht der kaiserlichen Majestät stehe, die Herrschaft lebenslänglich zu verschreiben. Sie rieten aber Dr. von Planta, Vertrauen in die kaiserliche Majestät, die Regierung und Kammer zu haben. Trotz seinen Einwänden fand sich Dr. Johann von Planta mit dem vorliegenden Vertrag ab. Am 1. Mai 1563 bekannte Österreich in einem Gnadenbrief, dass es Dr. Johann von Planta die Herrschaft und Schloss Rhäzüns sein Leben lang und, nach seinem Tod, einem seiner Söhne überlassen werde. Die Herrschaft sollte dabei dem Sohn zukommen, der durch Österreich als „tauglichster und geschicktester erkannt“werde. Ferner sollte die Herrschaft während 20 Jahren gegen den jetzigen ungesteigerten Pfandschilling „unentsetzt und unabgelöst“verbleiben. Bedingung dafür war allerdings, dass sowohl Dr. von Planta als auch seine Nachkommen gegenüber Österreich sich getreu verhalten würden.

Jagd um die Herrschaft: Da die Plantischen von den Bünden bedrängt wurden, wurde am 30. Mai 1573 dem Vogt in Bregenz von Innsbruck aus geschrieben, dass diese die Herrschaft Rhäzüns nicht mehr behalten wollten. Es sei deshalb Befehl des Herzogs, dass man sich nach tauglichen Personen umsehe. Am gleichen Tag wurde an Conrad Jecklin, Pfleger zu Tarasp, und an Andreas Welser eine Mitteilung übergeben, die Richter in Thusis zu mahnen, die nach Rhäzüns gesandten Kommissare, welche Schloss und Herrschaft einnehmen und die Plantischen und Stampischen fortschicken wollten, abzuziehen. Ferner müsse alles gemäss der Erbeinigung in alten Stand gesetzt werden. Am 30. Juni schrieben die Untertanen von Rhäzüns und Bonaduz dem Erzherzog, sie hätten den von den III Bünden ausgebotenen Pfandschilling auf Rhäzüns samt alle von Dr. Johann von Planta besessenen Gerechtigkeiten gekauft, um das Einsitzen eines Fremden zu verhindern. Gegen Erlegung des Pfandschillings wären sie bereit die Herrschaft dem Erzherzog zur Verfügung zu stellen. Die Herrschaftsleute von Rhäzüns fürchteten auch, nachdem sie am Aufruhr gegen Dr. Johann von Planta teilgenommen hatten, dies entgelten zu müssen und baten deshalb Erzherzog Ferdinand mehrmals, ihnen keinen von Planta zum Herrn zu geben. Da aber die Herrschaft Dr. Johann von Planta und seinen Erben bis 10 Jahre nach seinem Tod verliehen war, liess sich dies nicht so leicht regeln.

Im Jahre 1573 fand in der Familie von Planta eine Doppelhochzeit statt. Bartholomäus Stampa heiratete Anna von Planta, die Tochter des Enthaupteten (1573 wurde dieser wegen Verrats an Gemeinen III Bünden enthauptet), und Johann von Planta, ihr Bruder, die Margaretha Stampa. Bartholomäus Stampa übernahm die beiden Herrschaften Rhäzüns und Hohentrins, hatte aber nicht die Mittel, um die Miterben seiner Frau auszulösen. Bereits im Jahre 1580 starb Stampa. Es begann nun eine Jagd um die Herrschaft Rhäzüns. Rudolf und Augustin von Salis gaben sich grosse, aber vergebliche Mühe in Innsbruck, um der Familie von Planta die Herrschaft zu entreissen. Nach einiger Zeit wurde Anna, die Witwe von Bartholomäus Stampa, die Gattin von Rudolf von Schauenstein und diesen gelang es, mit Hilfe seiner Vettern, der Vögte von Castels und Gutenberg, mit der Herrschaft belehnt zu werden. Sein Schwager Johann von Planta war aber nicht einverstanden und seine Brüder noch weniger. Es drohte ein Familienzwist. Doch Frau Anna verständigte sich vorläufig mit ihrem Bruder Johann, der im übrigen bei den Herrschaftsleuten beliebt war, so schickten diese zwei Mal Briefe an Erzherzog Ferdinand mit der Bitte, Johann von Planta die Herrschaft zu verleihen.

In diesem Zusammenhang ist auch auf den Vorschlag von Conrad von Planta, Domdekan zu Chur, hinzuweisen: Bartholomäus von Stampa, der Schwager von Planta, hatte während der Innehabung der Herrschaft viele Schulden gemacht und den Pfandschilling, der auf dieser Herrschaft lag, hin und wieder seinen Gläubigern eingesetzt. In Anbetracht, dass die Plantischen Erben der Stampischen waren, hatte Conrad mit seinem Bruder Johann und der Schwägerin des von Stampa seelig abgehandelt, dass sie beide miteinander die Herrschaft mit Bewilligung Österreichs in Besitz nehmen wollten. Sie beabsichtigten deshalb zusammen, so schnell als möglich, die Schulden abzuzahlen zu helfen, was nicht nur der Familie Planta, sondern auch Österreich zum Nutzen gereichen werde. So glaubte man verhindern zu können, dass die Herrschaft von Gläubigern angefochten werde. Wie wir im Folgenden feststellen, wurde dieser Vorschlag von Seiten Österreichs nicht akzeptiert.

Pfandverschreibung: Johann von Planta, der schon 1581 um die „Amtsverwaltung“ von Rhäzüns nachgesucht hatte, folgte seinem Vetter Dr. Johann von Planta 1586. Auf der Herrschaft Rhäzüns lag ein Pfandschilling von 10`050 Gulden. Hinzu kamen die Güter in Obersaxen, die mit 4500 Gulden veranschlagt wurden. Diese Pfandverschreibung schloss sich an die vorhergehenden Verschreibungen an. Vorbehalten wurden wiederum alle Bergwerke sowie die Hoch- und Schwarwaldungen. Gleich verhielt es sich mit dem Wiederkaufe, der ein Jahr im Voraus angesagt werden musste. Am Ende dieses Jahres sollten eventuelle Baukosten samt 20`000 Gulden plus 5% jährlicher Verzinsung in gemeiner Landeswährung (d. h. Churer Währung) vergütet werden. Gemäss einer besonderen Bestimmung hatte Johann von Planta der katholischen Religion anzugehören. Ebenso oblag ihm die Pflicht, die Untertanen zur katholischen Religion anzuhalten und diesbezüglich keine Neuerung einreissen zu lassen.

Bartholomäus von Planta

Pompeius von Planta als interimistischer Pfandinhaber: Johann von Planta starb im März 1616. Aber schon in den vorhergehenden Jahren war er so krank, dass man sich für einen Nachfolger umsehen musste. Er hinterliess minderjährige Söhne von zwei Frauen, von Margaretha von Stampa sowie von der Gugelbergerin von Moos. Der Hof in Innsbruck konnte das Pfandlehen dem einen oder dem andern der Söhne bestätigen. Es handelte sich dabei um Johann oder Bartholomäus. Aber auch Landeshauptmann Rudolf Planta kam als möglicher Nachfolger in Frage, obwohl er nicht im Geringsten nach der Herrschaft strebte. Ihm aber wurde die Fähigkeit attestiert, den Pfandschilling erlegen, die Verwaltung annehmen, sowie das Haus Österreich bestens im Grauen Bund vertreten zu können. Dazu versprach er, trotzdem er reformiert war, die Herrschaft Rhäzüns „bei der wahren katholischen Religion zu schützen“.

Sowohl die Probleme hinsichtlich der Religion als auch die österreichischen Untertanen im Prättigau gaben Anlass zu Befürchtungen, dass die „iura austriaca“ in Bünden nach und nach verletzt und verdrängt würden. Es erstaunt deshalb nicht, dass Johannes, der Bischof von Chur, sich in einem Schreiben folgendermassen äusserte: „Dem hochfürstlichen Haus Österreich soll gar viel daran gelegen sein, die Herrschaft Rhäzüns mit einem Mann zu versehen – und nicht durch unerfahrene Kinder – der mit hohem Verstand die Hoheiten des Hauses Österreich schützen und schirmen möge (Bischöfliches Schreiben vom 20. März 1614)“. Den Katholiken in Bünden und der Schweiz lag es sehr daran, dass der Nachfolger von Johann von Planta ein überzeugter Katholik war. Dies traf bei Bartholomäus mehr zu als bei Johann. Die katholischen Orte der Eidgenossenschaft schrieben daher eindrückliche Briefe an den Erzherzog Maximilian, dass er Bartholomäus bevorzugen möchte. Diese Stellungnahmen für Bartholomäus fruchteten nichts, denn man teilte ihm mit, dass ihm und seinen Geschwistern die Immission in die Herrschaft aus allerlei Ursachen, aber insbesondere wegen den Streitigkeiten zwischen den Geschwistern, nicht gestattet werde. Damit aber inzwischen sowohl die landesfürstliche Hoheit und Gerechtsame erhalten werde, als auch den Untertanen kein Mangel in Bezug auf die „Erteilung und Verwaltung der Iustitia“ widerfahre, übergab die fürstliche Durchlaucht bis auf weitere die Administration der Herrschaft Pompeius von Planta. Ihm zur Seite sollte sein Bruder Rudolf stehen.

Probleme mit der Familie von Planta: Es traten jedoch Probleme auf, weil Österreich den Erben des Johann Planta versprochen hatte, die Herrschaft während 30 Jahren nicht zu entziehen. Bartholomäus sollte deshalb die Herrschaft besitzen und geniessen, sofern er die Erklärung beibrachte, dass er sich mit seinen übrigen sieben Geschwistern betreffend den Pfandschilling verglichen habe. Bartholomäus von Planta hatte auch von Untertanen verlangt, ihm zu huldigen. Diese wendeten jedoch ein, dass ihm keine Huldigung zuteilkomme, solange er den Pfandschilling nicht erlegt und sich mit den übrigen Erben nicht verglichen habe. Drauf erklärte B. von Planta, dass er, sobald sein Vater gestorben sei, begehrt habe, dass die Herrschaft seinem Bruder Conradin trotz dessen Minorität abgetreten werde. Ihm sei es ferner darum gegangen, seine Rechte nicht unter gehen zu lassen, weil er der Älteste sei und der Pfandschilling zu seinem mütterlichen Erbe gehöre. Er habe von der hochfürstlichen Durchlaucht die Bewilligung erhalten, die Herrschaft besitzen zu können und sich anerboten, Bürgschaft zu leisten, damit seine übrigen Geschwister auch am Pfandschilling teilhaben könnten. B. von Planta hoffte nun, dass Österreich ihn als Haupt der Herrschaft anerkenne. Falls dies nicht der Fall sei, müsse er vor den zwei anderen Bünden klagen. Das Gericht des grauen Bundes erkannte, dass beide Parteien versuchen sollten, diesen Streit brüderlich miteinander zu begleichen. Doch wurde gleichwohl festgestellt, dass die Herrschaft der Planta 30 Jahre nach dem Tod von Dr. Johann von Planta nicht entzogen werden dürfe. Sofern Österreich die Herrschaft trotzdem an sich ziehe, müsse die Summe Geld, die für die Herrschaft bezahlt worden sei, erlegt werden, ansonst die Familie von Planta nicht verpflichtet sei, die Herrschaft zu verlassen. Auch die Rechte des Bartholomäus von Planta sollten vorbehalten werden, sofern er den Betrag des Pfandschillings deponierte.

Immission von Bartholomäus von Planta: Johann Bartholomäus von Plantawar dem Oberen Bund und insbesondere den Untertanen „wohlgewogen“, weil er katholisch war und auch andere Qualitäten besass. Die Nachbarschaften der Herrschaft erklärten deshalb, dass sie Johann Bartholomäus von Planta zum Herrn begehrten, weil er samt seiner „Hausfrau“ und dem ganzen Haus der römisch katholischen Religion zugetan sei. Der andere Sohn, Johann, aber werde die Huldigung kaum erlangen. Das Begehren der Nachbarschaften ging denn auch dahin, dass Johann Bartholomäus als Ältester vom hochlöblichen Haus Österreich das Pfandrecht erlange und eine gegebene Investitur oder ein Kauf mit dem anderen Sohn kassiert werde. Bartholomäus erhielt endlich vom Hause Österreich die Herrschaft, während Pompeius von Planta im Auftrag des Erzherzogs dessen Einsetzung unter Bestätigung der Rechte und Freiheiten des Volkes besorgte.

Ende der Herrschaft durch die Familie von Planta

Johann Heinrich von Planta: Bartholomäus von Planta starb 1629. Man fragte sich nun, wer ihm folgen sollte. Ritter Rudolf von Planta schlug dessen Bruder, Ambrosius, vor. Da sich dieser aber zum Protestantismus bekannte, kam er als Nachfolger nicht in Frage. Solange der Nachfolger des Bartholomäus von Planta nicht bestätigt war, hatten die Schauensteine durch Briefe und Beauftragte in Innsbruck Schritte unternommen, um der Familie Planta die Herrschaft zu entreissen. So ersuchte Schauenstein Erzherzog Leopold, ihm nach dem Tode des bisherigen Inhabers, Bartholomäus von Planta, die Herrschaft Rhäzüns zu verleihen, bis dessen Söhne volljährig seien. Er war gewillt, dem Erzherzog die Herrschaft Reichenau zu verkaufen oder einzutauschen, um Rhäzüns als Lehen empfangen zu können. Er erhielt jedoch die Antwort, dass die Herrschaft in plantischen Händen verbleibe. So folgte Johann Heinrich, der Sohn von Bartholomäus von Planta, seinem Vater als Herr von Rhäzüns. Dieser starb 1646 und sein Sohn Hans Heinrich trat die Herrschaft als letzter plantischer Herr von Rhäzüns an. Da letzterer aber noch minderjährig war, wurde die Witwe des Verstorbenen, Regine von Salis-Seewis, neben dem Sohne durch die Erzherzogin Claudia in der Herrschaft bestätigt.  

Seit vielen Jahren hatte Österreich die Zinsen für die Schulden gegenüber der Familie von Planta auflaufen lassen. Schon 1642 hatte deshalb die österreichische Kammer geraten, die Rückstände im Betrag von 22`000 Gulden, durch Überlassung des gotschischen Lehens, der Grafschaft Eglof, durch lehensweise Übertragung der Landvogtei im Prättigau oder durch völlige Abtretung der Herrschaft Rhäzüns, zu tilgen. Im Oktober 1647 äusserte der Kaiser den Wunsch, die Herrschaft Rhäzüns einzulösen und einen Vogt aufzustellen. Die Kammer aber wies auf den Stand der Finanzen hin, so dass Hans Heinrich Herr von Rhäzüns blieb, bis Österreich 1674 den Rückkauf ankündigte.

Kündigung der Herrschaft: 1668 hatte Domdekan Mathias Sgier eine mündliche Unterredung mit einer kaiserlichen Kommission. Im Namen des Ambassadors Casati forderte er, dass der jetzige Inhaber von Rhäzüns „epossessioniert“und die Herrschaft von einem österreichischen Subjekt verwaltet werde. Heinrich von Planta war nach Ansicht Sgiers, weder in Glaubenssachen noch in politischen Angelegenheiten, zu regieren fähig. Am 23. März 1669 konnten die österreichischen Kommissarien melden, dass Domdekan Sgier die Herrschaft von Schauenstein, der Stadthauptmann in Lyon war, in die Hand spielen wollte. Kaiser Leopold seinerseits liess am 27. April 1669 den Kommissarien melden, sie sollten dem Bischof wie auch Graf Casati anzeigen, dass er solches nicht zulassen werde, sondern gerne sehe, wenn die Familie von Planta in „quieta possessione“ verbleibe. Die Streitigkeiten der Herrschaftsleute mit Johann Heinrich von Planta wurden aber so gross, dass der Kaiser sich trotzdem mit dem Gedanken beschäftigen musste, die Herrschaft dem bisherigen Inhaber zu entziehen. Trotz Intervention des Bischofs von Chur, der sich zugunsten Plantas einsetzte, entschloss sich der Kaiser, von Planta die Herrschaft am 31. Juli 1674 zu kündigen. Den Pfandschilling deponierte er in Feldkirch. Mit diesem Depositum war Johann Heinrich Planta aber nicht zufrieden, weil er noch andere Ansprüche gegenüber Österreich geltend machen wollte. Grundsätzlich war er jedoch bereit, die Herrschaft abzutreten, sobald ihm volle Genugtuung geleistet werde. Allerdings zögerte von Planta mit der Abtretung der Herrschaft, so dass die österreichische Regierung im März 1675 Dr. Franz Gugger, Hubmeister zu Feldkirch, in die Herrschaft schickte, um die Absetzung zu bewerkstelligen.

Am 16. März 1675 brachte Johann Heinrich von Planta seine Klagen gegen Österreich vor. Er machte geltend, dass das Vorgehen Österreichs den schriftlichen Verträgen über die Verpfändung widerspreche. Diese bestimmten nämlich klar, dass die Herrschaft dem Inhaber nicht genommen werden könne, wenn sie nicht ein Jahr vorher gekündigt worden sei, und nicht vorher die Rückzahlung der Pfandsumme und aller übrigen rechtsmässigen und ausgewiesenen Ansprüche stattgefunden habe. Auch die III Bünde gaben von Planta Recht. Der Kongress fand das Vorgehen des Kaisers als einen wirklichen Eingriff in die „Hoheiten und Freiheiten“ des Landes.

Bündnerische Kommissarien in der Herrschaft Rhäzüns: Die österreichische Regierung bestand weiterhin auf die Absetzung von Johann Heinrich von Planta und schrieb wiederholt an die Bünde. Sie behauptete, sich immer gemäss der Erbeinigung verhalten zu haben. Die III Bünde hätten aber durch den Beschluss, das Schloss Rhäzüns einzunehmen und die Familie von Planta fortzuschaffen, die österreichischen Rechte in der Herrschaft bedroht. Zur Vereitelung dieses Beschlusses hatten die Österreicher Andreas Walser von Feldkirch zum Verwalter des Schlosses und der Herrschaft Rhäzüns bestellt und Conrad Jecklin von Tarasp befohlen, Andreas Walser einzusetzen. Die Einsetzung war jedoch nicht möglich, weil das Schloss durch bündnerische Kommissarien besetzt war. Österreich wollte jedoch die guten nachbarlichen Beziehungen aufrechterhalten. So ersuchte man die III Bünde, ihre in der Herrschaft verordneten Kommissarien abzuziehen, das Schloss zu öffnen und entweder alle Sachen in alten Stand zu stellen oder aber Schloss und Herrschaft dem vom Herrn und Landesfürsten verordneten Verwalter Andreas Walser von Feldkirch zu übergeben. Man war jedoch auch bereit, einen anderen bündnerischen Pfandinhaber zu akzeptieren, der den plantischen Pfandschilling, bis zur Erledigung der Streitigkeiten zwischen den III Bünden, der Familie Planta und Österreich, den Eidgenossen hinterlegen würde. Gegen Rückerstattung des Pfandschillings sollte aber den Österreichern Pfandbrief, Urbar, Verträge und andere die Herrschaft Rhäzüns betreffende Sachen herausgegeben werden. Ausserdem sollten die plantischen Erben die Herrschaft Rhäzüns abtreten. Österreich war fest entschlossen, seine landesfürstlichen Rechte in der Herrschaft und am Schloss Rhäzüns sich nicht aus den Händen reissen zu lassen. Man drohte deshalb, falls die Restitution erfolgen werde, nach anderen gebührenden Mitteln und Wegen zu greifen, um sich schadlos zu halten.

Domdekan Sgier und die Frage einer eventuellen Lokation: Domdekan Sgier wurde 1674, als der Kaiser Johann Heinrich von Planta die Herrschaft kündigte, als bevollmächtigter Sachverwalter für die Herrschaft bestimmt. Zwischen 1674 und 1678 gab er sich dabei alle Mühe, die Gunst der Herrschaftsleute zu gewinnen und versprach ihnen für die Zukunft grössere Freiheiten. Diese sollten insbesondere darin bestehen, dass die Herrschaftsleute inskünftig keinem Herrn von Rhäzüns mehr huldigen müssten, sondern die Herrschaft als Lokation (Pacht) zur bisher üblichen Pfandsumme erhalten würden. Österreichischerseits soll von einem kaiserlichen Minister – zwar ohne Befragen des Kaisers und ohne Wissen des geheimen Rates – die Lokation den Untertanen schriftlich versprochen worden sein. Es kam soweit, dass die Untertanen Domdekan Sgier die Huldigung leisteten und von Planta Zinsen und Abgaben verweigerten. Trotz Befehl der III Bünde an die Untertanen, weiterhin von Planta zu huldigen und ihm Abgaben zu leisten, taten sie es nicht. So geschah es, dass die Untertanen aus „Räten und Täten“ ausgeschlossen wurden. Österreich nahm, wegen der Unterstützung von Plantas durch die III Bünde, gegen den Willen des Kaisers eine immer drohendere Stellung ein. So schrieben die österreichischen Räte an Dekan Sgier, dass man über die III Bünde die Salz- und Getreidesperre verhängen, Pensionen verweigern sowie andere Repressionen ergreifen werde. Unterdessen hatte man sich wegen der Abtretung der Herrschaft Rhäzüns bis auf eine Differenz von 3000 Florin geeinigt und von Planta sah sich veranlasst, die Herrschaft aufzugeben. Als Nachfolger von Plantas kam Kommissär Johann Travers von Ortenstein in Betracht.

In der Person von Johann Rudolf von Salis-Zizers verfügte man über einen zweiten Anwärter, der jedoch ein leidenschaftlicher französischer Parteigänger war und ausserdem im Oberen Bund Gegner hatte. Als dritte Möglichkeit bot sich auch die Einsetzung eines österreichischen Verwalters an. Anfangs 1676 entschloss sich der Kaiser jedoch, die Herrschaft Rhäzüns Johann Travers zu übertragen. Dieser Entschluss bewirkte eine heftige Reaktion der Herrschaftsgemeinden. Am 13. September 1676 teilten sie mit, dass sie weder Johann Travers noch einen anderen Bundsmann als Herrn annehmen würden. Sollte dennoch einer als Herr eingesetzt werden, so würden sie ihn umbringen und an seiner statt treten. Den eigenen Nachbarn drohte man sogar, sofern sie Johann Travers oder anderen Bundsmännern ihre Stimme geben würden, ihr Vermögen zu konfiszieren und sie zu vertreiben. Domdekan Sgier aber wollte man in jeder Situation beistehen. Ausserdem versprachen die Herrschaftsleute, nicht gegen die Rechte Österreichs zu opponieren und den Pfandschilling zu geben. Kommissar Johann Travers war trotz den Erklärungen der Nachbarschaften nicht geneigt, auf die Herrschaft zu verzichten.

Auch der spanische Gesandte Alfons Casati wehrte sich verzweifelt nur gegen den Gedanken, die Herrschaft den Untertanen überlassen zu müssen. In seiner Angst vor einem eventuellen Übergang der Herrschaft an die Nachbarschaften oder gar vor dem Ausverkauf machte Casati dem Statthalter von Mailand sogar die Anregung, der König von Spanien möge die Herrschaft auskaufen. Es sollen an dieser Stelle einige Gründe dargelegt werden, die für oder gegen eine Lokation angeführt wurden: Die Herrschaftsgemeinden bekundeten die Auffassung, dass die Pfandinhaber jährliche Pensionen und andere den Herrschaftsleuten zustehende Ämter und Benefizien annektierten und von Zeit zu Zeit ihre Freiheiten zu vermindern suchten. Dies sei den Pfandinhabern umso leichter gefallen, als die Bauern leicht um den Finger gewickelt werden konnten. Vor dem Oberen Bund aber hätten die rhäzünsischen Pfandinhaber fast jedes Mal den kürzeren gezogen, während die Bauern ihrerseits ihre Begehren durchgebracht hätten. Man ersehe dies aus den Ordinationen und Verträgen zwischen Bauern und Pfandinhabern. Ferner wiesen die Herrschaftsleute darauf hin, dass die Herrschaft, bevor sie an die Pfandinhaber gekommen sei, floriert habe. Danach sei sie durch Unruhen und Streitigkeiten in Armut verfallen. So habe man bis zur Abtretung von Johann Heinrich von Planta mehr als 200`000 Gulden Unkosten gehabt. Herbe Kritik richteten die Herrschaftsleute an die Adresse der Pfandinhaber. Sie warfen letzteren insbesondere vor, dass es ihnen nicht um österreichische Anliegen, sondern vielmehr um private Interessen und um eigenen Nutzen gehe. Die vorherrschenden Ziele der Pfandinhaber seien, die Herrschaft Rhäzüns in einem günstigen Zeitpunkt vom Erzhaus Österreich abzuschneiden oder soviel Unruhe und Unkosten entstehen zu lassen, dass die Österreicher es für ratsam erachten würden, die Herrschaft aufzugeben. Die österreichischen Rechte würden verschwinden und an deren Stelle ein bündnerischer Pfandinhaber treten, welcher sie unterdrücken könnte.

Die Herrschaftsleute erachteten aber auch den Übergang der Herrschaft von von Planta zu Travers aus politischen und moralischen Gründen als nicht gerechtfertigt. So waren sie der Ansicht, dass es viel nützlicher gewesen wäre, wenn man – um von Planta zu schützen – die Herrschaft den rhäzünsischen Gemeinden zu billigem Pfandschilling überlassen hätte. Auch hätten sich die Nachbarschaften die 30`000 bis 40`000 Gulden Pfandschilling leisten können, obwohl eine solche Summe den Ertrag der Herrschaft letztlich übersteige. Travers seinerseits habe zudem versprochen, die Herrschaft nach deren Abtretung durch Johann Heinrich von Planta nicht anzunehmen. Sofern die Lokation Travers oder einem anderen Bundsmann überlassen werde, könne dadurch nicht die wahre katholische Religion gefördert, die römisch kaiserliche Ehre präsentiert sowie auch nicht der Nutzen des Erzhauses Österreich vergrössert werden. Die kaiserliche Majestät werde überdies Mühe mit den Untertanen haben, und der Religion werde wegen der verbitterten Gemüter ein solcher Schaden zugefügt, dass die österreichische Ehre und Reputation letzten Endes geschwächt werde. Endlich könne die aufrichtige Treue gegenüber Österreich mit mehr Nachdruck durch die Nachbarschaften als von einer einzigen Person bezeugt werden. Österreichischerseits begegnete man einzelnen Argumenten wie folgt: man war überzeugt, dass die Untertanen versuchen würden, sich nach und nach von Österreich zu befreien. Dies ersehe man daraus, dass die Untertanen so stark auf die Lokation drängten. Wenn die Untertanen aber den Besitz erhalten hätten, würden sie daran festhalten. Dies um so mehr als die III Bünde sie in ihren Bemühungen unterstützen würden. Bedenken ergaben sich auch wegen der Religion. Die Untertanen könnten nicht beweisen, dass sich durch frühere Pfandinhaber Komplikationen bezüglich der Religion ergeben hätten. Sollte aber den Untertanen die Lokation gegeben werden, würde es in ihrer Gewalt stehen, ob sie Katholische oder Evangelische als Nachbarn aufnehmen wollten. Diese Befugnis hätten die Untertanen bis anhin nicht ohne „Consens“ und Wissen eines Pfandinhabers gehabt. Man könne wohl den Lokationskontrakt so mit Klauseln versehen, dass ohne Vorwissen des Hauses Österreich kein Nachbar aufgenommen werden dürfe. Aber hauptsächlich von Seiten der Protestanten und auch der III Bünde würde eine solche Bestimmung als Einschränkung der Freiheit bekämpft werden. Die Folge wären allerlei Dispute und Missverständnisse Zwischen den III Bünden und dem Hause Österreich. Man zweifelte auch nicht, dass die evangelische Nachbarschaft Felsberg nach erfolgter Lokation verlange, dass ihr das Kontingent von Haupt, Amman und Botenschaft zu den Bundestagen wie auch zur Erwählung eines Landrichters des Oberen Bundes wie den übrigen rhäzünsischen Nachbarschaften gestattet werde. Dadurch aber könnten den Reformierten bei der Wahl des Landrichters mehrere Stimmen zufallen.  Einwänden der Herrschaftsgemeinden hinsichtlich der Person von Johann Travers entgegnete man: Sofern Travers versuchen werde, die herrschaftlichen Rechte an sich zu ziehen oder auf andere Weise ungebührlich zu erhalten und die Untertanen zu beschweren, werde sich dieser der Gefahr aussetzen, sowohl den Pfandschilling als auch seine in österreichischen Territorien liegenden Güter zu verlieren. Weder Johann Travers noch andere Familien, wie gross und mächtig sie auch seien, könnten nämlich ohne Assistenz des Erzhauses Österreich das „dominium proprietaril“ über diese Herrschaft erhalten. Im Fall einer Lokation aber wäre niemand da, der die österreichischen Rechte bewahren könnte. Diese würden demzufolge nach und nach abbröckeln und in Vergessenheit geraten. Auch würden Schloss und Herrschaft ganz ruiniert werden. Endlich wurde darauf hingewiesen, dass die Untertanen „keine Buchstaben“ vorweisen könnten, wo von einer Lokation die Rede sei. In einem Schreiben Österreichs an Amman und Gericht der Herrschaft Rhäzüns war allerdings ausgeführt worden, dass die Herrschaft den Gerichtsleuten angetragen werde, wenn sie Johann Travers akzeptierten. Da sie dies aber nicht getan und auch keinen Pfandschilling offeriert hätten, habe die kaiserliche Majestät andere Beschlüsse gefasst.

Dekan Sgier stand mit seinen Herrschaftsleuten allein als Verfechter einer Lokation da. Dazu F. Maissen: „Allein gegen eine mächtige Koalition von politischen Machthabern und politischen Würdenträgern. Seine Idee war unbestritten gut, und die Verwirklichung seines Planes wäre ebenso eine hohe vaterländische Tat gewesen, wie der seinerzeitige Auskauf der österreichischen Rechte im Unterengadin und im Prättigau (1649/1652) insbesondere und wie jede andere Unabhängigkeitsbestrebung im Allgemeinen! Da er von höherer Seite leider keine Unterstützung fand, sah er sich veranlasst, zu gewalttätigen Mitteln zu greifen und sich zu Widersetzlichkeiten der Landesobrigkeit gegenüber zu verleiten. Das war sein Fehler. Dies führte zum Misserfolg und schliesslich zu seinem persönlichen Unglück (Verbannung)“.  

Johann Travers

Pfandbrief vom 28. Januar 1676: Johann Travers und seinen Erben wurde die Herrschaft Rhäzüns gegen die Herrschaft Imst im Tirol und den darauf liegenden 78`000 Gulden als Kukellehen verliehen. Ihm und seinen ehelichen männlichen und weiblichen Erben wurde die Herrschaft Rhäzüns samt Schloss, Gütern und anderem Zubehör, Recht und Gerechtigkeiten, wie die Herrschaft von den früheren Besitzern innegehabt und genossen wurde, zu einem alt, frei und adeligen Kunkellehen verschrieben. Schätze, Bergwerke, Hoch- und Schwarzwaldungen wurden wiederum von der Verleihung ausgeklammert. Im Übrigen hatte Travers die Befugnis, die Herrschaft ohne Behinderung innezuhaben und zu geniessen. Er war aber verpflichtet, alle Untertanen, Zinsleute und alle anderen der Herrschaft Rhäzüns Unterworfenen bei ihren Rechten und alten Gewohnheiten zu belassen. Insbesondere durften sie mit Zinsen, Zehnten, Diensten, Gülten, Steuern, Nutzung und Gefällen nicht mehr als was billig und von altem Herkommen war, beschwert werden. Ferner durfte Travers die „Herrlichkeiten, Freiheiten, Oberkeiten und Dienstbarkeiten“, die zu dieser Herrschaft und zum Schloss gehörten, weder entziehen lassen, verkaufen, erblich verleihen noch in diese „Eingriffe tun lassen“. Was aber die Kräfte der Travers überstieg, sollte an die oberösterreichische Regierung und Hofkammer gelangen, damit die eingeräumten Rechte, Gerechtigkeiten und Einkünfte geschützt, geschirmt und vertreten werden könnten. Sollte das gegenwärtige Einkommen, ohne Verursachen des Travers, entzogen werden, sollte dieses mit ebensoviel „Gefällen“ vom Amt Feldkirch oder Meran zurückgefordert werden können.

In Bezug auf die Wahl seines Nachfolgers war Johann Travers frei. Weil Rhäzüns vom Lehenshof ziemlich weit entlegen war, wurde aber entschieden, dass Travers zum Empfang der Lehen das erste Mal selbst in Person erscheinen müsse und genötigt sei, die gewöhnliche Schuldigkeit abzulegen. Das zweite und dritte Mal konnte dies durch legitime Bevollmächtigte getan werden. Das vierte Mal musste Travers aber das Lehen wiederum persönlich am Hof gebührlich empfangen. Von den künftigen Lehenträgern sollte alsdann eine ordentliche Taxe von acht Talern bezahlt erden. Im Übrigen wurden weder die Herrschaft Rhäzüns noch der Lehensinhaber mit einer weiteren Lehensbeschwerde, Dienstbarkeit oder Auflage beschwert. Man bestimmte ferner, dass die Herrschaft beim Tod von Johann Travers nicht an Österreich als Lehensherrn zurückfallen, sondern den anderen Lehenserben, den männlichen oder auch den weiblichen – sofern keine männlichen vorhanden sein würden – zukommen werde. Dabei dürften Herrschaft und Schloss jedoch nicht einem nichtkatholischen Vasallen zum Genuss übergeben werden. Travers oblag ferner die Pflicht, Österreich getreu, gehorsam und zum Dienst bereit zu sein, wie ein Lehensmann seinen Lehensherrn schuldig und verbunden zu sein hatte. In seinen Revers bemerkte Johann Travers zur Formulierung der Rechte in der Verschreibung, dass diese klare Erläuterung nur dahin zu verstehen sei, dass weder er noch alle seine Erben und lehensherrlichen Konsens nach mehr Rechten zu trachten, als die früheren Pfandinhaber gehabt hätten. Er versprach für sich, seine Erben und alle künftigen Lehensinhaber, allen diesen Bestimmungen nachzukommen.

Rechtliche Natur der Verleihung: Mittels Auslegung des Pfandbriefes vom 28. Januar 1676 wollen wir die rechtliche Natur der Verleihung näher bestimmen. Darüber hinaus soll auch ein Vergleich mit den früheren zwischen Österreich und den Pfandinhabern abgeschlossenen Verträgen gezogen werden.

Wurzeln des Lehnswesens: Seinen Ursprung hat das Lehenswesen in der fränkischen Zeit. Der Kern lag dabei in der engeren Verbindung von Besitz und Amt. Durch die Hingabe von Grund und Boden oder durch Einräumen von Rechten, welche dauernde Erträgnisse in sich schlossen, erwuchsen dem Beliehenen Amts- und Dienstpflichten. Historisch entwickelte sich das fränkische Lehenswesen aus zwei Elementen, einem persönlichen, der Vasallität, und einem dinglichen, dem Benefizium. Entscheidend war aber die Verbindung vom Vasallität und Benefizium. Diese beiden Elemente bedingten einander. Die Vasallität galt dabei als Rechtsgrund des Lehens. Das besondere Kennzeichen der damaligen Lehensverhältnisse bildeten die persönlichen Pflichten. So blieb es in Westeuropa. In Deutschland und Italien hatte sich das Kausalverhältnis umgekehrt. Das Lehen wurde Rechtsgrund des Dienstes. Der Mann diente nicht mehr um ein Lehen, sondern vom Lehen, nur noch pro „viribus feudi“. Seine Haftung war auf das Lehen beschränkt, durch dessen Aufgabe wurde er des Dienstes und der Treue ledig. Das bedeutete eine erhebliche Schwächung des Herrenrechtes, denn das Lehensrecht wurde „verdinglicht“.

An der Spitze der Wohltaten stand die Hingabe von Grundbesitz. Die Einräumung der Benefizien bestand aus der Einräumung starker, dinglicher rechte an Grund und Boden. Solange das persönliche Substrat (die Vasallität) und das dingliche Substrat (das Benefizium) nicht eine unlösbare Ehe miteinander eingegangen waren, war das Lehensrecht im vollen Sinne des Wortes nicht ausgebildet. Dies geschah grundsätzlich erst gegen Ende der fränkischen Zeit. Quellen des in den österreichischen Staaten bestehenden Lehensverhältnisses waren die zugrunde liegenden Verträge, welche gewöhnlich ihren Inhalt in Lehensbriefen finden. Sie geben die einzelne Natur eines Lehens an. Zu Folge der Generalmandate Kaiser Ferdinands I. und der nachfolgenden Regenten war für die deutschen Provinzen der österreichischen Monarchie das longobardische oder gemeine Lehensrecht, welches Kaiser Maximilian I. im Jahre 1495 für das deutsche Reich eingeführt hatte, als Grundgesetz in Lehenssachen vorgeschrieben. Diese Gesetzgebung musste demnach als Basis des österreichischen Lehensverhältnisses betrachtet werden, sofern nicht durch besondere allerhöchste Entschliessungen Ausnahmen zugestanden wurden oder ein anderer Lehenshofgebrauch eine Abänderung gestattete.

 

1696-1819: Österreichische, bayerische (?) und französische Administratoren in Rhäzüns

Vor ihrer Einsetzung: Man hatte es vorerst für billig erachtet, Johann Viktor Travers den Besitz der Herrschaft Rhäzüns solange zu überlassen, bis ihm die vereinbarte Summe Geld wirklich übergeben worden war. Österreich befahl deshalb den rhäzünsischen Herrschaftsleuten, Johann Viktor Travers den schuldigen Gehorsam zu leisten und Zinsen und Zehnten samt den übrigen Schuldigkeiten zu erstatten, weil dieser das Recht hatte, das Schloss und andere zu der Herrschaft gehörende Güter zu geniessen. In einem Schreiben von Kaiser Leopold an die oberösterreichischen geheimen Räte von Ende August 1696 wurde dann beschlossen, Anton von Rost die zur Herrschaft gehörigen Dokumente auszuhändigen, den Titel eines Verwalters der Herrschaft Rhäzüns zu verleihen sowie die Verwaltung gegen eine jährliche Besoldung von 900 Gulden Reichswährung zu übergeben. Zudem sollte Anton von Rost von einer in bündnerischen Angelegenheiten bewanderten tauglichen Person eingesetzt werden. 

Instruktionen an österreichische Kommissarien: Für die Immission von Anton von Rost wurden zwei Kommissarien bestellt. Diese erhielten von den oberösterreichischen geheimen Räten einen Kommissionsbefehl sowie ein Creditiv und ein Ersuchsschreiben an den Botschafter Spaniens bei der Eidgenossenschaft und Gemeinen III Bünden, Graf Carlo Casati. Dieser sollte den Kommissarien und dem Administrator zur Erleichterung des Immissionsgeschäftes, und was auch immer damit im Zusammenhang stand, mit Rat und Tat zur Seite stehen. Das Creditiv an die Häupter der Gemeinen III Bünde sollte die Glaubwürdigkeit der Kommission in allen ihren Handlungen sichern. Wenn von Seiten der Herrschaftsleute und Untertanen, wegen der von alters hergebrachten Rechte und Leistungen oder wegen anderen Schwierigkeiten, Streit entstehen sollte, hoffte man, dass von Seiten der Gemeinen III Bünde dem Verwalter beigestanden werde. Den Herrschaftsleuten musste bei Einsetzung des Verwalters ein Gehorsamsbrief abgelesen werden. Die Kommission hatte sich ferner zu erkundigen, ob die Häupter oder die Nachbarschaften der Herrschaft Rhäzüns verlangten, dass Anton von Rost den Bundesbrief vor Aufnehmung der Huldigung und vor der Ablegung der Untertanenpflichten schwören müsse. Werde dies verlangt, so habe die Kommission darauf zu achten, dass dies mit der „forma iuramenti“ übereinstimme. Sofern dies der Fall wäre, könne man den Administrator unbedenklich darauf schwören lassen. Werde keine Beschwörung des Bundesbriefes verlangt, so habe man auch von Seiten der Kommissarien und des Verwalters davon abzusehen. Jedoch müsse der Verwalter daran erinnert werden, sofern es für die österreichischen Rechte von Vorteil sei, den Bundesbrief gleichwohl zu beschwören. Zuvor müsse aber der Verwalter an die oberösterreichischen geheimen Räte gelangen, um durch einen Spezialabschied zu erfahren, wie das Iuramentum abzulegen sei. Sofern die Häupter mehr verlangten, hätten die Kommissarien dies sofort dem oberösterreichischen geheimen Rat zu berichten und zuzuwarten, bis dieser ihnen eine Resolution gebe. Auch die Herrschaftsleute und Untertanen der Herrschaft hätten zu schwören und dem Verwalter die Huldigung mittels einer speziellen Formel abzulegen. Bei dieser Gelegenheit sollten die Untertanen an ihre Leistungen und an die herrschaftlichen Rechte in genereller Art und Weise erinnert werden. 

Es sei zu vermuten, dass die Nachbarschaften und Untertanen vor Ablegung der Huldigung vernehmen wollten, was für Schuldigkeiten und Leistungen und nach welchem Urbar sie diese zu leisten hätten. Die österreichischen Kommissarien müssten auf eine solche Anfrage antworten, dass der Verwalter sich auf das hohenzollernsche Urbarium stützen werde. Sollten die Herrschaftsleute sich auf „Nachsehungen“ berufen, die sie mit dem Pfandinhabern – im speziellen mit dem Travers – abgeschlossen hatten, müssten die Kommissarien die Herrschaftsleute daran erinnern, dass solche Privilegien von Österreich mit dem Vorbehalt genehmigt worden seien, dass im Ablösungsfall diese Abmachungen unpräjudizierlich seien. Wollten die Herrschaftsleute der Huldigung und gebührlichen Ablegung der Untertanenpflichten nicht nachkommen, bevor ihnen eine „Nachsehung“ zugesagt werde, hätten die Kommissarien die Nachbarschaften und Untertanen gleichwohl zu den Pflichten zu verleiten. Nötigenfalls hätte dies mit Hilfe des spanischen Botschafters und der Häupter der Gemeinen III Bünde zu geschehen. Falls dies nichts nütze, müsse eine Protestation ergehen und im Namen Österreichs alle Kompetenzen vorbehalten werden. Die Immission soll jedoch (ohne vorgenommene Huldigung) in Anwesenheit der Nachbarschaften vorgenommen werden. Wenn diese solchem Akte nicht beiwohnen wollten, müsse die Einsetzung vor einigen Zeugen, so gut es möglich sei, abgehalten werden.

Anhand dieser Instruktion soll der brüske Szenenwechsel in der Verwaltung der Herrschaft gezeigt werden. Waren es zuerst die Pfandinhaber, die innerhalb bestimmter Grenzen über eine grosse Freiheit verfügten, traten an ihre Stelle die Lehensmänner der traversischen Familie. Wie wir sehen konnten, war ihre Abhängigkeit zu Österreich bedeutend grösser als die ihrer Vorgänger, ohne dass sie in ein bürokratisches staatliches Organisationssystem eingegliedert worden wären: Diese Form der Verwaltung trat erst nach der Übernahme der Herrschaft durch Österreich und der Einsetzung von fest besoldeten Beamten (Kommissarien, Administrator) ein. „Das Lehensrecht als Organisationsprinzip verschwindet. An Stelle des Vasallen treten abhängige, fest besoldete Beamte“. Mit diesen Worten, die auch auf die Herrschaft Rhäzüns zutreffen, hat H. Mitteis die Ablösung des Lehensstaates durch den Verwaltungsstaat der Neuzeit charakterisiert.  

Im weiteren Verlauf unserer Arbeit widmen wir uns speziell den Instruktionen, die Österreich an seine Verwalter in der Herrschaft Rhäzüns gab. Augenfällig ist dabei, dass einem Verwalter für praktisch jedes auftretende Problem eine bestimmte Weisung gegeben wurde. Diese Kontrolle der Verwalter sollte Garant für die Bewahrung der österreichischen Rechte in der Herrschaft Rhäzüns sein.

Johann Anton von Rost-Schütz

Erster Administrator von 1696 bis 1706: Kaiser Leopold I. erteilte dem Administrator der Herrschaft Rhäzüns, Johann Anton von Rost, Instruktionen für die Einführung der Verwaltung. Diese Instruktionen veranschaulichen, mit was für Mitteln ein Verwalter den Herrschaftsleuten zu begegnen hatte. Diese bestanden nun nicht etwa aus diktatorischen Massnahmen, wie man es von einem Herrn seinen Untertanen gegenüber erwarten würde, sondern vielmehr aus einem Verwalten, das auf die gegebenen Verhältnisse Rücksicht zu nehmen gewillt war. So erwartete Österreich, dass sein Verwalter geschicktes psychologisches Einfühlungsvermögen an den Tag lege. Die Erfahrung hatte nämlich gezeigt, dass man bei den rhäzünsischen Herrschaftsleuten mit Schärfe nichts ausrichten konnte. Doch mussten die Leute gleichwohl wiederum zu guten Manieren erzogen werden. Wo dies nicht gelang, durfte Rost sich nichts daraus machen, damit nicht etwa durch ein falsches Vorgehen den kaiserlichen und landesfürstlichen Interessen in den bündnerischen Landen ein Schaden zugefügt werde. Man befahl ihm deshalb, ehe er sich in Diskussionen einlasse, auf die Reintegration der Herrschaft zu achten. Ganz präzis wurde von Rost dennoch erklärt, dass er wohl in den Gesprächen die Gegenpartei anzuhören habe, aber zugleich die österreichischen Rechte und Gerechtsame verfechten müsse. All dass, was von Seiten der Herrschaftsleute vorgeschlagen werde, habe er zur Kenntnis zu nehmen und sich in nichts einzulassen, bevor von Seiten Österreichs ein Entscheid ergangen sei.

Johann Anton von Rost hatte zunächst diejenigen Rechte, die die Pfandinhaber in der Herrschaft ausgeübt hatten, so gut als möglich zu bewahren. Gefälle, Zinsen, Zehnten und alle anderen Renten und Einkünfte musste von Rost – wie die früheren Pfandinhaber – von den rhäzünsischen Herrschaftsleuten einfordern. Ohne Einwilligung des Kaisers oder des österreichischen geheimen Rates durfte nichts nachgelassen werden. Auch war von Rost verpflichtet, der oberösterreichischen Kammer alljährlich eine Abrechnung über die Einkünfte zuzustellen. Die Huldigung gehörte nicht zur geringsten Schuldigkeit, die die Herrschaftsleute einem Herrn von Rhäzüns zu leisten hatten. Dieser hatte deshalb die Herrschaftsleute mit guter Manier zur Ablegung der Huldigung anzuhalten. Ferner hatte von Rost den Herrschaftsleuten zu versichern, dass sie bei ihren Freiheiten, Rechten und Gerechtigkeiten ungestört belassen und beschützt würden. Aus Gründen der Religion musste von Rost aber dafür besorgt sein, dass niemand ohne seine Zustimmung in die Nachbarschaften aufgenommen werde. Betreffend die Herrschaft wurde ihm weiteres befohlen, alle öffentlichen Begebenheiten in ein Protokoll einzutragen, damit man den Inhalt von Berichten, die mit der Zeit verloren gehen könnten, weiterhin vorfinde. Herrn von Rost verpflichtete sich ferner, sich in staatlichen und religiösen Angelegenheiten gemässigt zu verhalten. Auch hatte er für Frieden sowie für die Vereinigung der zwei Religionen besorgt zu sein. Von Bedeutung war zudem, dass er für den freien Handel besorgt zu sein hatte, damit der Durchgang von Korn und Salz gewährleistet war.        

Als Landrichter durften nur katholische und dem Erzhaus Österreich zugetane Personen vorgeschlagen werden. Auch darüber hatte jeweils ein Bericht an den geheimen Rat, an die Regierung sowie an die Hofkammer zu ergehen. Sollte der obere Bund vom Verwalter verlangen, dass dieser im Namen Österreichs den Bund schwöre, hatte von Rost vom Iuramento eine Formula zu begehen  und diese alsdann an den oberösterreichischen geheimen Rat und an die Hofkammer zu schicken. Überhaupt musste der Verwalter Österreich von allem, was sich ereignete, von Zeit zu Zeit einen ausführlichen Bericht erstatten. Speziell wollte man wissen, was in Gemeinen Landen lief und wie sich die Herrschaftsleute aufführten. Dann hoffte Österreich, diese so führen zu können, dass man sowohl in öffentlichen Belangen wie in Religionsangelegenheiten gute Dienste erhalte. In wichtigen Angelegenheiten – wo unmittelbare Gefahr drohte – hatte der Verwalter mit dem jeweiligen zu Chur residierenden spanischen Gesandten zu konferieren und sich dessen Rats zu bedienen.

Diesen Beispielen entnehmen wir, dass der Verwalter in seinem Handeln – zumindest auf dem Papier – wenig Spielraum hatte. Alle Entscheidungen behielt sich das Erzhaus Österreich selbst vor. Der Verwalter hatte alsdann nur die Aufgabe dafür zu sein, dass in der Herrschaft keine Differenzen entstanden und der österreichische Einfluss in Gemeinen Landen gewahrt blieb. Es scheint, dass von Rost seinen Verpflichtungen nachkam, denn Adalbertus, Abt von Disentis, schrieb in einem Brief vom 27. Mai 1698 über Johann Anton von Rost: „Wir haben gleichsam von Gott einen so vortrefflichen Mann erhalten, der ein grosser Eiferer und Beschützer unseres Glaubens ist. Dieser Mann hat viele Räte an das Licht gebracht, wodurch viele Streitigkeiten aufgehoben werden konnten und in Zukunft aufgehoben werden. Er hat die rhäzünsische Herrschaft, die zuvor in Unruhe lebte zum Frieden gebracht, da die Untertanen den Johann Anton von Rost nicht als einen Herrn, sondern als einen Vater ehren. Nach 10 Jahren Amtszeit ist er am 17. September 1706 im Alter von 68 Jahren gestorben. Die adlige Familie von Johann Anton und Jakobea von Rost-Schütz hatte 5 Kinder und gelangte aus der Bergwelt der Dolomiten über Nordtirol nach Rhäzüns. Johann Anton v. Rost amtete als erster Österreicher als Administrator in der damals 200-jährigen Geschichte der Zugehörigkeit der Herrschaft Rhäzüns zu Österreich.

Am 30. Dezember 1696 wurden den Stammherrschafts-Dörfern einige Rechte eingeräumt. Unter anderem wurde der Kornzehnte auf den Fünfzehnten reduziert; auch der freitägliche „Dunn dil paun“(Brot abgaben) geht auf diese Vereinbarung zurück. Im Weiteren wurde mit viel Einsatz während seiner Amtszeit die Kirche Maria Geburt erstellt). M.s.u. 8. Funde in Rhäzüns: Münzen, Siegel, Taler, Fragmente usw; M.s.u. Anhang: 56. Verschiedene Geschichten

Johann Baptista Wenser: 1706-1709

Die römisch-kaiserliche Majestät hatte Johann Baptista Wenser nach dem Tod von Johann Anton von Rost-Schütz beauftragt, die österreichischen Interessen in der Rätischen Republik zu beachten und bis auf weiteres die Administration der Herrschaft Rhäzüns zu übernehmen. Sollten sich von Seiten der rhäzünsischen Herrschaftsleute wegen der von alters hergebrachten Rechte und Leistungen Schwierigkeiten ergeben, war er angewiesen, die Untertanen zu gebührenden Schuldigkeiten anzuhalten. Johann Baptista Wenser versicherte, dass er gleich wie bis anhin auch künftig die kaiserlichen Interessen nach Möglichkeit fördern wolle. Auch hatte er den Amman von Ems nach Rhäzüns rufen lassen, um sich vorzustellen. Vor versammeltem Gericht las er den Gehorsamsbrief ab und gab den Gerichtsleuten eine Kopie davon. Johann Baptista Wenser übte nicht die Funktion eines Ministers aus. Der Credenzbrief der Kammer zu Innsbruck gab ihm keine andere Befugnis, als die kaiserlichen Interessen zu beaufsichtigen. Die Interessen beaufsichtigen hiess nicht negotieren. Eine von der Kammer von Innsbruck ohne kaiserlichen Credenzbrief hergesandte Person konnte deshalb weder eine Proposition geben noch in Staatssachen Geschäfte abschliessen. Er erhielt die gleiche Instruktion wie sein Vorgänger.

Egidius von Greuth: 1709-1726

Egidius von Greuth bekannte, dass die kaiserliche Majestät ihn zum Verwalter des Schlosses und der Herrschaft Rhäzüns bestellt habe. Er war dergleichen Instruktion wie seine Vorgänger unterstellt. Auch versprach er, dieser getreu nachzukommen. In einer Instruktion vom 20. November 1708 wurde ihm, der nicht nur Verwalter, sondern auch bei den III Bünden war, erklärt, was er bei seiner Ankunft und während seiner Gesandtschaft und Administration zu tun und zu beobachten habe. Zunächst war er verpflichtet, über alles zu berichten, wie es bereits seine Vorgänger getan hatten. Bei seiner Ankunft hatte er der Republik und den Häuptern bei Überschickung des Creditivs nebst Ablegung des gnädigsten Grusses eine beständige und gute Nachbarschaft zu versichern. Ferner sollte er alles so verrichten, wie es seine Vorgänger getan hatten und es die Umstände erforderten. Der Abgesandte musste bald die Verwaltung der Herrschaft Rhäzüns übernehmen und sich in den Besitz, Üben und Gebrauch der Regalien, Hoheiten, Rechte und Gerechtigkeiten, sowohl bei der Republik als bei den Untertanen in Herrschaftssachen, einarbeiten. Ferner war er verpflichtet zu informieren, welche Rechte und Vorrechte von der Republik und den Untertanen angefochten würden und wieweit die Untertanen Freiheiten erlangt hatten, respektive in Untertänigkeit verblieben waren.

Nach vorgenommenem Einsitz hatte der Abgesandte mit den österreichischen Botschaften, Abgesandten und Residenten, die bei verschiedenen Mächten waren und mit denen er in Zukunft in gesandtschaftlichen Sachen – wie zum Beispiel betreffend den Durchzug durch Bünden – zu korrespondieren und seine Ankunft und angetretene Gesandtschaft zu vermerken. Nachdem der Abgesandte sich über alle derzeit bei der Gesandtschaft hängenden Geschäfte gut informiert und auch mündlich von Wenser, wie auch aus dem Archiv von Rhäzüns, Informationen bezogen habe, werde er über spezielle Rechte eingehender instruiert, so das er sich der österreichischen Intention gemäss gehorsam verhalten und seinen Verpflichtungen vollständig nachkommen könne. Was das Innere der Republik anbelangte, hatte der Gesandte sich nach den errichteten Traktaten oder so genannten Erbeinigungen und Kapitulaten zu richten und der Republik alle aus der Erbeinigung zustehenden Nutzen zukommen lassen. Eventuellen Klagen hatte er abzuhelfen und der Regierung in Innsbruck in solchen Fällen Bericht zu erstatten. Insbesondere wurde er angewiesen, den Durchzug und Rückzug der österreichischen und alliierten Völker durch die Republik bestständig zu sichern. Falls es in der Republik zwischen den beiden Religionsgenossen zu einem Aufstand kommen oder grosse Gefahren innerer Unruhen auftauchen würden, hatte der Abgeordnete als Verwalter von Rhäzüns und katholisches Mitglied der Republik bei der katholischen Partei zu verbleiben und zu versuchen, alle Missverständnisse durch friedliche und gütliche Handlungen zu beheben. Vor allem hatte der Abgesandte die österreichische Regierung in Innsbruck sofort zu benachrichtigen und ohne ausdrücklichen Befehl sich in nichts einzumischen. Ferner sollte der Abgesandte die Gerechtigkeit der österreichischen Sache bei der Republik propagieren und insbesondere auch das Gebiet der Republik, ausser für österreichische und alliierte Truppen, ansonst keinen anderen – insbesondere keinen vom Papst – offen oder heimlich überlassen. Endlich hatte der Gesandte über alles, was geschah, und wenn es die Geschäfte ihrer Wichtigkeit wegen erforderten, durch Express zu berichten.

Aus dieser Instruktion können wir somit ersehen, dass die österreichischen Beamten in Rhäzüns nicht nur Verwalter und Kommunikationsmittler zwischen Osterreich und den III Bünden waren, sondern eine wichtige Stellung als Vertreter österreichischer Interessen innehatten.

Johann Baptista Wenser: 1726-1727

Johann Baptista Wenser übernahm die Verwalterstelle in Rhäzüns nach der Amtsperiode 1706 bis 1709 noch ein zweites Mal. Er war eine sehr angesehene Person, man schwärmte von seinem „vortrefflichen und hohen Charakter“ mit angenehmem und löblichem Benehmen.

Baron Heinrich von Riesenfels: 1727-1729

In den „Instruktionen“ wurden wiederum dem Verwalter der Herrschaft Rhäzüns Verhaltensanweisungen gegeben: Über die Rechte Österreichs konnte Baron von Riesenfels aus den Urbarien Auskunft haben. Informationen über die Iurisdiktionalia konnte er bei Johann Baptista von Wenser oder aus den Registraturen holen. Gleich verhielt es sich auch bezüglich der Rechte, die ein Herr von Rhäzüns oder in dessen Namen der Verwalter gegen oder zusammen mit der Republik selbst, wegen Besetzung oder Wahl gewisser Ämter, Interventionen, Gelder und Stimmen bei den Bundestagen ausübte. Der Nachfolger von Wenser sollte nicht nur eine schriftliche Note aller Regalien und hergebrachten Gerechtsamen erstellen, sondern zusätzlich eine Kopie für künftigen weiteren Gebrauch übergeben. In der Instruktion wurde weiteres vermerkt, dass die rhäzünsischen Untertanen von Rost als damaligem Verwalter von Rhäzüns die Huldigung abgelegt hätten. Dass dies auch gegenüber seinem Nachfolger Herrn Wenser geschehen sei, ersehe man dazu aus einem Reskript des Gubernators vom 29. Juni 1709.

Unter Baron von Greuth war eine solche Huldigung nicht für nötig erachtet worden. Man vertrat jedoch die Ansicht, dass die Huldigung als ein „Hauptaktus und Effectus domini“ nicht ausserachtgelassen werden dürfe. Denn bei längerer Unterlassung könne dies zu schädlichen Folgen und vielleicht zur Infragestellung der Gehorsamsschuldigkeit führen. Eine positive Instruktion konnte nicht gegeben werden, bis nicht beim Gesandten von Wenser über die allgemeine Situation Erkundigungen eingezogen waren, und von diesem Bescheid über die jetzige und zukünftige Lage gegeben worden war. Im Übrigen sollte der Gesandte und Verwalter die gewöhnliche Instruktion wie seine Vorfahren empfangen und interimistisch als Norm ansehen. In einem „pro memoria“ wurde Heinrich von Riesenfels befohlen, die hohen Regalia in der Herrschaft Rhäzüns mit möglichster Wachsamkeit zu konservieren. Wenser hatte nämlich berichtet, dass die Untertanen von Rhäzüns schon lange Zeit nicht gehuldigt hätten und auch vom verstorbenen Baron von Greuth nicht dazu angehalten worden seien. Es gehe nun aber darum, Aufschluss zu bekommen, was für ein Modus gegenwärtig bei der Huldigung angewendet und wie es bei zukünftiger Huldigung gehalten werden sollte. Riesenfels glaubte, dass es nicht tunlich sei, die Huldigung gleich bei Antretung der Verwaltung zu fordern. Man solle nämlich die Gemüter bei gegenwärtigem Stand der Dinge nicht erhitzen. Bezüglich des Gesandten- und Administrationsgehaltes erwartete Riesenfels, dass er soviel bekomme, wie Baron von Greuth erhalten hatte.

Die von Salis als Bewerber um die Herrschaft Rhäzüns

Peter von Salis erblickte in der Genehmigung des Kapitulats mit Mailand durch die Gemeinden einen Sieg der Castelbergs über die Protestanten und über die Salis. Darum entfachte er 1727 einen Kampf gegen die Castelbergs. Zentrales Problem bildete nämlich damals die Frage, wie man die Castelbergs bekämpfen könne. Die Salis glaubten zu jener Zeit, dass es kein besseres Mittel gebe als die Herrschaft Rhäzüns zu kaufen. Denn dadurch könne man den Landrichter wählen und fünf Stimmen im Grauen Bund besitzen. Verhandlungen hatten 1710 und schon früher stattgefunden. Im Jahre 1710 als der Erbfolgekrieg für Österreich am günstigsten stand und Mailand sicher war. Der Tod von Kaiser Josef I. vernichtete diese Hoffnung im Jahre 1711 für immer. Österreich wollte nicht mehr veräussern, sondern erwerben. Der Besitz von Rhäzüns wurde ein Angelpunkt der österreichischen Politik in Graubünden und seine Bedeutung steigerte sich fortwährend.  

Graf Kasper Paris von Wolkenstein: 1730-1739

Er weilte zehn Jahre als Gesandter und Verwalter von Rhäzüns in Bünden.

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