22. Pfarrkirche Maria Geburt / Baselgia da natavi sontga Maria

Das heutige Siedlungsbild von Rhäzüns wird wesentlich durch die mitten im Dorf stehende katholische Marienkirche geprägt. Der Kirchturm ragt weit über alle Dächer und tritt als ein weithin sichtbares Wahrzeichen in Erscheinung.1


ca. 1935: Ehemalige Pfarr- und jetzige Friedhofkirche St. Paul und die Pfarrkirche Maria Geburt von Rhäzüns (Sammlung chrsp.)

Die über 300-jährige Geschichte der Habsburger in Rhäzüns prägte vor allem auch die Maria Geburt-Kirche mit.Das Wappen mit den Reichsinsignien in der Pfarrkirche von Rhäzüns zeugt von der österreichischen Herrschaft von 1497 bis zur Mediation 1815 (für Rhäzüns 1819). Text zum Bild Dr. Ad. Collenberg aus Terra Grischuna 2/2007. S. 24.Wer die Pfarrkirche Maria Geburt in Rhäzüns besucht, stellt fest, dass auf dem Hauptaltar gross und dominant ein von zwei Adlern gehaltenes, überkröntes und zentral angebrachtes Wappen des Hauses Österreichs prangt. Die Verbindung von Religion und Politik ist hier offensichtlich. 2


Das Wappen mit den Reichsinsignien in der Pfarrkirche von Rhäzüns zeugt von der österreichischen Herrschaft von 1497 bis zur Mediation 1815 (für Rhäzüns 1819). Text zum Bild Dr. Ad. Collenberg aus Terra Grischuna 2/2007


Der Bau der Marienkirche

Entstehungsgeschichte: von der Barockkunst der Kapuziner geprägt: Pater Johannes Peterelli war von 1685 bis 1707 in Rhäzüns Pfarrer. Gleichzeitig amtete Johann Anton v. Rost von 1696 bis 1706 als österreichischer Administrator der Herrschaft Rhäzüns und kaiserlicher Gesandter bei den Drei Bünden. Der Baubeginn liegt weiter zurück, als das über dem Portal angebrachte Datum 1719 vermuten lässt, denn in den Akten im Pfarrarchiv erscheinen erstmals 1697 Zahlungen für Arbeiten „alla chiesa nova“. Zur Pfarrkirche wurde sie aber erst 1777, letztlich wohl aufgrund der zentralen Lage, die sie gegenüber der früheren Pfarrkirche St. Paul und der Kirche St. Georg auszeichnet. Bei Renovationsarbeiten im Jahr 1946 wurde hinter der Orgel eine lateinische Bauinschrift aufgefunden (heute beim Aufgang zur Empore angebracht).   


Eine lateinische Bauinschrift wurde beim Aufgang zur Empore angebracht: Das Schriftband besagt, das die Kirche vom damaligen Rhäzünser Pfarrer Johannes Peterelli am 2. Juni 1697 zu Ehren von Maria Geburt gegründet und am 16. Oktober 1701 von Bischof Ulrich VII v. Federspiel geweiht worden sei. (Sammlung chrsp.)

Pater Johannes Peterelli kam von Savognin nach Rhäzüns, wo 1663 die neue Kirche St. Michael gebaut worden war. Für die Kirche Maria Geburt in Rhäzüns griff Peterelli auf die Pläne des dortigen Neubaus zurück. So bildet die Rhäzünser Pfarrkirche ein Oktogon mit dem genau gleichen Grundriss und den gleichen Massen wie die Pfarrkirche in Savognin. Dass der Bau vom italienischen Barock stark beeinflusst ist (etwa der für unsere Region untypische Turm), kommt nicht von ungefähr. Nach den Kapitulaten und Verträgen mit verschiedenen ausländischen Mächten kehrte in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts ein relativer politischer Friede in den Freistaat zurück. Nach der schwierigen Zeit (der Reformation und) der „Bündner Wirren“ setzte nun eine intensive Bautätigkeit von katholischen Kirchen ein. Diese Bautätigkeit ging häufig auf die Initiative von Kapuzinern (vor allem aus den Provinzen Milano und Brescia) zurück, die als Missionare in den romanischsprachigen Gebieten des Freistaates weilten. Die Errichtung von neuen wichtigen Kirchen gehörte zu ihrem religiösen Programm und sollte die Gegenreformation vorantreiben. In Savognin (im Surmeir) waren im Zeitraum von 1649 bis 1942 Kapuziner tätig. Der erste Kapuziner in Savognin, Pater Francestg Maria da Vigevano, liess verschiedene bestehende Kirchen und Kapellen in Savognin umbauen und übte wahrscheinlich einen grossen Einfluss auf den Bau der Kirche St. Michael aus. So lässt sich zeigen, dass die zwei Kirchen „mit ihren unüblichen, extravaganten Grundrissen (…) vielmehr an den Formenreichtum der italienischen Barockarchitektur des 17. Jahrhunderts“ anknüpfen als an die für unsere Region sonst üblichen Bauvorgaben zur Zeit der Gegenreformation. Hier stellt sich die Frage „nach dem Stellenwert der so genannten ‚instructiones fabricae‘, den Bauanleitungen, die Carlo Borromeo 1576 für seine Erzdiözese Mailand ausarbeiten liess und die – als ein wichtiges Instrumentarium gegenreformatorischer Kirchenarchitektur und Ausstattung – den Kapuzinern sicher bekannt waren. Im Verlauf der Arbeit konnte man feststellen, dass sich die Kirchenbauten von St. Michael und St. Martin (1677) – wie Vergleiche mit den Instructiones deutlich machen – nicht mehr an diese Bauvorschriften halten.“

Zwei Beispiele für Forderungen der „Instructiones“ seien angeführt, die in Savognin (und später in Rhäzüns) nicht eingehalten wurden. So sollten die Kirchen in der Regel „crucis oblongae similtudinen“, also möglichst unter Berücksichtigung der Kreuzesform, gebaut werden; und schliesslich sollten dieKirchen nach Möglichkeit nach Südosten ausgerichtet sein, in Ausnahmefällen nach Süden oder Westen, nie aber nach Norden, wie dies sowohl in Savognin als auch in Rhäzüns der Fall ist.3

Während der Planungs- und Bauzeit der Kirche, also zwischen 1696 und 1706, amtete Johann Anton v. Rost als österreichischer Administrator der Herrschaft Rhäzüns und kaiserlicher Gesandter bei der Republik der Drei Bünde. Die adelige Familie von Johann Anton und Jakobea von Rost–Schütz hatte 5 Kinder und kam aus der Bergwelt der Dolomiten über Nordtirol nach Rhäzüns. Zu dieser Zeit gehörten die südtirolischen Dolomiten noch zu Österreich. Somit war Johann Anton v. Rost der erste österreichische Administrator in der bis anhin 200-jährigen Geschichte der Zugehörigkeit der Herrschaft Rhäzüns zu Österreich. Da der edle Herr v. Rost aus Südösterreich stammte, verstand der damalige Kaiser Leopold I. den neuen Administrator sprachlich sicher gut, da er als seriöser Mann bekannt war, wurden ihm auch viel Sympathie und Freiheiten zuteil. Die Herrschaft Rhäzüns zeigte ihrerseits für den Barock-Stil Sympathien und beteiligte sich sich mit einem beachtlichen Betrag an den Baukosten.4 

 

Politische und konfessionelle Interessen

An dieser Stelle kehren wir zurück zu unserer Ausgangsfrage nach dem Grund für ein österreichisches Wappen auf dem Hauptaltar der Marienkirche. Die Ausführungen zur politischen Vorgeschichte von Rhäzüns haben gezeigt, dass der Übergang vom 17. ins 18. Jahrhundert für Rhäzüns eine relativ unruhige Zeit darstellte. Unzufriedenheit mit den Verwaltern sowie versuchter (und gescheiteter) Freikauf prägten die Stimmung wohl nicht zum Besten. Das Wappen auf dem Hauptaltar bringt nun einerseits Österreichs Machtanspruch in der Herrschaft zum Ausdruck, lässt aber auch (obwohl in den Akten nicht direkt nachweisbar) auf eine finanzielle Beteiligung Österreichs beim Bau der Kirche schliessen. So hält auch Blasius Caliezi–Degiacomi (1884-1969) in seiner Dissertation fest: „Der Doppeladler auf dem Choraltar erinnert noch heute an die finanzielle Beisteuer der Herrschaft“. Nicht vergessen darf man in diesem Zusammenhang, dass mit der katholischen Konfession sowohl auf österreichischer als auch auf der Seite des Grauen Bundes ein zentrales gemeinsames Interesse auf dem Spiel stand. Zwar war der Graue Bund grösstenteils katholisch, doch bestanden die anderen zwei Bünde des Freistaates mehrheitlich aus protestantischen Gemeinden. Letztere erreichten so in der gesamten Republik beinahe eine 2/3-Mehrheit. Hier nun lag es ganz klar im Interesse des Grauen Bundes, im Haus Österreich einen starken katholischen Verbündeten auf seiner Seite zu wissen. Bereits als ein erster Auskauf in den Jahren 1649/52 zur Sprache stand, wurde die Angst geäussert, Rhäzüns könnte seine Konfession verlieren, wenn die Herrschaft wie Tarasp/Prättigau 1649/52 von den mehrheitlich reformierten Planta ausgekauft würde. Und auch auf österreichischer Seite heisst es im (schliesslich nicht ratifizierten) Vertrag von 1694, dass die „der Herrschaft Rhäzüns einverleibten Gemeinden – innerhalb von 50 Jahren von der Ratifikation dieses Traktats an – nicht befugt sind, Nachbaren, die nicht der katholischen Religion angehören, anzunehmen (ausser Felsberg und Tenna). Sollte eine Gemeinde dagegen verstossen und nichtkatholische Nachbaren aufnehmen, verwirkt der Auskauf und die betreffende Gemeinde verfällt wiederum der Untertänigkeit.“

Diesem Engagement in gegenseitigem Interesse entsprechend finden sich die Wappen des Johann Anton v. Rost sowie seiner Ehefrau Jacobea geb. Schütz auf dem Gesims des Michaelaltars. Ebenso erscheinen die Namen des Verwalter-Ehepaares im Mitgliederverzeichnis der 1703 gegründeten Rosenkranzbruderschaft und belegen das religiöse Engagement der Verwalter. Die engen Bindungen zwischen den Verwaltern und der neuen Dorfkirche belegt auch die Tatsache, dass die Schlossverwaltung, für die Bänke reserviert wurden, Einzug in die Dorfkirche hielt. Und ebenfalls befinden sich in oder an der Marienkirche zahlreiche Grabtafeln von österreichischen Verwaltern, so von Johann Anton v. Rost (von 1696 bis 1706), Egidius von Greuth (von 1709 bis 1726), Anton Martin Hinteregger (von 1740 bis 1765) und Georg Anton Vieli (von 1777 bis 1787). Das wohlwollende Auftreten der Verwalter sollte wohl zu einer gewissen Besänftigung und Normalisierung der Stimmung unter den Herrschaftsleuten beitragen. Wie schon gesehen, scheint diese Rechnung (zumal unter Johann Anton v. Rost) aufgegangen zu sein. So heisst es im Sterberegister von Rhäzüns, er sei „eine Säule des katholischen Glaubens, ein wahrer Vater aller seiner Untergebenen, ein Wohltäter der Priester, ein Beispiel der Gerechtigkeit und ein Spiegel aller Tugenden gewesen“.5 

 

Aussen –Wegweiser in Alltag und Religion

Der Grundriss zeigt einen achteckigen Zentralbau mit zwei Seitennischen und im Norden angeschobenem, polygonal geschlossenem Chorraum. In der östlichen Chorschulter ist der Turm eingefügt, in der westlichen die Sakristei.

 
Bild aus Schweizerische Kunstführer GSK, Bern 2004. "Die Kirchen von Rhäzüns" 

Die nach Süden orientierte Hauptfassade des stattlichen, unter steilem Satteldach ruhenden Baukörpers vermittelt einen für die barocke Zeit typischen axialsymmetrischen Aufbau. Sie zeigt als einzige Aussenwand architektonische Gliederungselemente und kragt über die Seitenmauern des Kirchenschiffs vor. Damit zeichnet sie sich klar als Repräsentatiosfassade aus. Sie besteht aus drei Längsachsen und zwei Geschossen und wird von einem gerahmten Giebelfeld abgeschlossen. Die beiden äusseren Achsen werden durch übereinander liegende Rundbogennischen gebildet, die Mittlere durch das Hauptportal und ein trapezförmig überdachtes Fenster. Lisenen gliedern die Fassade in der Vertikalen zusätzlich, während verkröpfte, stark ausladende Gesimse die Horizontale akzentuieren.

                                                  
Bild aus Schweizerische Kunstführer GSK. "Die Kirchen von Rhäzüns" , Bern 2004. Die gegen Süden gerichtete Hauptfassade der Pfarrkirche Nossadunna dient der Repräsentation. 

Im Giebel ist ein kleeblattförmiges Bildfeld eingelassen. Die Malerei aus der Mitte des 19. Jh. stellt Maria inmitten eines Sternenkranzes dar – eine Versinnbildlichung als Himmelskönigin. Die Rundbogennischen sind mit Heiligenfiguren ausgemalt: oben links, mit der Inschrift „S. Giusep, der hl. Joseph mit dem Jesuskind, oben rechts „S. Magnus, der Missionar Magnus von Füssen, ein zu Beginn des 8. Jh. lebender Benediktinerheiliger. Im unteren Geschoss zeigt die linke Nische „S. Gieri, den hl. Georg als Drachentöter, die rechte „S. Gliezi, den hl. Luzius, Hauptpatron des Bistums Chur. Die Nischenbilder stammen ursprünglich wohl aus dem späten 18. beziehungsweise frühen 19. Jh. Sie wurden anlässlich der Kirchenrestaurierung 1968 ohne Bezug zum Original neu gemalt. Während der letzten Restaurierung von 1995-96 wurden die ursprünglichen Malereien freigelegt und retuschiert.Das hohe, schlanke Portal wird von einer zweisäuligen Steinrahmung mit Reliefskulpturen begrenzt. Im Zentrum des Architravs steht in abgekürzter Form die lateinische Inschrift „In Honor N(ativitati) B(eatea) V(irginis) M(ariae) 1719“. Das Datum weist auf die Entstehungszeit der Kirche hin, die Inschrift „zu Ehren der Geburt der Jungfrau Maria“ auf deren Namen. Über dem Portal öffnet sich ein gesprengter Giebel hin zu einer Sonnenuhr.  


Die alte Portaltüre bis zur Gesamt-Restauration von 1968. Dr. Erwin Poeschel. Bild aus: Die Kunstdenkmäler d. Kant. Graub. Band III. Verlag  Birkhäuser Basel 1940. 

Der in der östlichen Chorschulter eingesetzte Turm ist neben der Hauptfassade das am reichsten ausgestaltete Element des Aussenbaus. Bis weit über die Höhe des Dachfirsts zeigt er einen nahezu quadratischen Anbau. Das mit vier rundbogigen Schallfenstern versehene Glockengeschoss wird von den vier Zifferblättern der Turmuhr sowie einem einfachen Gesims ausgeschieden und oben durch ein Gebälk begrenzt. Der achteckige, rot marmorierte Tambour endet im Turmhelm, der mit Helmknauf und aufgesetztem Kreuz bekrönt ist.


                                                                                                   

Glocken

Erste Glocke: Stundenschlag; Durchmesser 151 cm; Gewicht: ca.1700 kg; Tonart: des; Bilder: hl. Petrus, hl. Paulus, hl. Anna; gegossen von den Gebrüdern Grassmayr in Feldkirch, 1870; Inschrift:„PADRINS: ILS SIGNURS B. ANT. FETZ, DOMSEXTRARI DELLA CATHEDR. DA CUERA E PROF(e)SSOR DELLA THEOLOGIA EGL SEMINAR DE S. GLIECI U. BALTHASAR CAMENISCH CANONIC EXTRAR E PLEVON DA QUEI TEMS A RAZEN BLASIUS CALIEZI PLEVON A RUEUN MUREZI ANT. JEGER MADRETSCHAS LAS SIGNURAS LANDRA JOSEPHA VIELI n. BASELGIA OBERSTAELIS. VIELI n. LOMBRIS DUNSCHALA M. DURTHE VIELI a. CUMBEL BARB. CATH. JEGER n. FETZ. PER TUTS BENEFACTURS ROC`O MARIA”.

Zweite Glocke: Viertelschlag, Tagläuten, Freitag „Dunn dil paun“, ∅120 cm; Gewicht: ca. 1113 kg; Tonart: f, Bilder: hl. Georg, Kruzifix; gegossen von der Glockengiesserei H. Rüetschi AG Aarau. 1926 ; Inschrift : „JEU LAUDEL IL VÈR DIU, CLOMMEL ILS VIVS DELORSCHEL ILS MORTS, FUGENTEL MALAS AURAS, ANNUNZIESCHEL LAS FIASCHTAS“.

Dritte Glocke: Mittagsglocke; ∅100 cm; Gewicht: ca. 500 kg: Tonart: as; Bilder: Kaiser Karl der Grosse, hl. Clement; gegossen von den Gebrüdern Grassmayr in Feldkirch, 1870.

Vierte Glocke: Totenglocke, Rosenkranzglocke; ∅90 cm; Gewicht: ca. 440 kg; Tonart: b; Bilder: hl. Michael mit der Seelenwage; gegossen bei Eschmann, Rickenbach / Will, 1968; Inschrift: „LUDAUS SEI SOGN MIHÈL, CHE GIDA TUTS EN TSCHIEL“.

Fünfte Glocke: ∅75 cm; Gewicht: ca. 200 kg; Tonart: des; Bilder: hl. Barbara und hl. Georg; gegossen von den Gebrüdern Grassmayr in Feldkirch, 1870.

 

Kirchen-Innenraum, eine barocke Pracht

Dem achteckige Hauptraum der Kirche wird durch die Belichtung des nördlich daran angeschlossenen, polygonalen Chors eine leichte Längsrichtung gegeben. Die Thermenfenster der beiden Seitennischen lassen den weiss gestrichenen Raum zusätzlich hell und lichterfüllt wirken. Der Mauerkörper ist dynamisch geschwungen und lässt trotz seiner ornamentalen Fülle ein Gefühl von Weiträumigkeit und monumentaler Grösse aufkommen. Pilaster mit glatten Flächen und Kompositkapitellen gliedern die Wände und markieren die Raumübergänge. Ein ausladendes Gesims durchzieht Hauptraum, Seitennischen und Chor. Diese architektonischen Gliederungselemente heben sich skelettartig von der Raumschale ab, da Wände und Gewölbe nicht mit Stuckaturen verziert sind. Über dem Hauptraum erhebt sich die Kuppel, in welche die Stichkappen der Seitennischen einschneiden.

Malerei und Ausstattung ordnen sich dem architektonischen Rahmen unter, besitzen aber ein künstliches Eigengewicht und setzen dekorative und bedeutungsvolle Akzente. Die originale Deckenbemahlung  wurde um 1914 zugedeckt und anlässlich der Restaurierung 1973 freigelegt und ergänzt. Das zentrale Medaillon zeigt Maria mit rotem Gewand und blauem Schleier. Die Randmedaillons bilden die Evangelisten ab: Matthäus mit Engel, Marcus mit Löwe, Johannes mit Adler und Lukas mit Stier. Im Chor zeigt das eine Medaillon Gottvater, das andere ein Taubenrelief als Symbol des Heiligen Geistes.

          
Photo: nach der Restaurierung von 1914, Innenansicht mit Blick Richtung Chor. Der Hochaltar bildet das Hauptstück der Ausstattung und datiert aus der Zeit um 1700 (Sammlung chrsp.)

Bild: 2004 aus Schweizerische Kunstführer GSK, Bern "Die Kirchen v. Rhäzüns". Innenansicht Richtung Chor zum Hauptaltar, links Kanzel 

 

Die Altäre

Der Hochaltar das geistige und optische Ziel der Kirche, erscheint als Hauptstück der Ausstattung. Das prächtige Retabel mit schwarzem Aufbau und rot marmorierten Doppelsäulen datiert aus der Entstehungszeit der Kirche und zeigt die klassische Gliederung in Hauptgeschoss und darüber liegendem Auszug. Auf dem Altartisch steht der plastisch Durchgebildete, tempelförmige Tabernakel, das Gehäuse zur Aufbewahrung der geweihten Hostien. Dahinter erhebt sich die Rückwand mit dem Altarblatt, flankiert von Säulen. Den Doppelsäulen ist jeweils eine Figur vorgelagert: links Petrus mit dem Himmelsschlüssel, rechts Paulus mit Buch und Schwert. Auf den Säulen liegt ein reich ornamentiertes Gebälk, neben den Voluten des stark aufgesprengten Giebels stehen Posaunenengel. Das von zwei Adlern gehaltene, zentral angebrachte Wappen ist jenes der Habsburger und weist somit zurück auf die österreichische Herrschaft in Rhäzüns. Das grosse Altarbild zeigt Maria als Rosenkranzkönigin, zusammen mit den beiden Heiligen Dominikus und Katharina von Siena. Es zeichnet sich durch eine wirkungsvolle, von barockem Pathos erfüllte Komposition und eine in warmen Tönen gehaltene Farbharmonie aus. Am oberen Abschlussbogen des Hauptbilds sind in Medaillons neun der fünfzehn Rosenkranzgeheimnisse dargestellt; die weiteren finden sich beidseits des Bilds, über den Abschlüssen der Doppelsäulen. Das Bild im Auszug zeigt die Geburt von Maria und datiert aus dem 18. Jh. Die Künstler der Gemälde sind namentlich nicht erwähnt. Der Altaraufbau stammt vermutlich von den Meistern Franz Pisli und Peter Zimmermann, da 1703 nachweislich Zahlungen an die beiden geleistet wurden mit der Bemerkung „un altare fatto alla chiesa nova“. 


Hochaltar mit Tempelförmigem Tabernakel (Sammlung chrsp.)

Die beiden zweigeschossigen Seitenaltäre in den Nischen wurden als Pendants komponiert und datieren, wie der Hauptaltar, aus der Zeit um 1700. 

Der Josephsaltar in der westseitigen, linken Nische lässt im Hauptbild den Nährvater erkennen, wie er das Jesuskind auf seinen Armen hält. Flankiert wird das Altarblatt von marmorierten Säulenpaaren und zwei Vollfiguren: links dem hl. Antonius von Padua mit dem segnenden Jesuskind, rechts dem Franziskus mit einem Kruzifix und den Wundmalen. Im Gebälk über dem Hauptbild hängt das Wappen von Bischof Ulrich Vll. von Federspiel. Im oberen Teil des Altars, im Frontispiz, ist die Flucht der Heiligen Familie dargestellt. Dieses Bild wird flankiert von den geschnitzten Figuren Johannes des Evangelisten (links) und Johannes des Täufers (rechts). 


Josephsaltar, Bild aus Schweizerische Kunstführer GSK, Bern 2004 . "Die Kirchen von Rhäzüns"

Der Michaelsaltar in der rechten Nische zeigt im Altarblatt den Erzengel Michael bei der Enthauptung des Satans. Beidseits des Bilds stehen Figuren in klerikaler Kleidung: links Carlo Borromeo, der 1610 heilig gesprochene Kardinal und Initiator der Gegenreformation in Graubünden, rechts der hl. Liborius von Le Mans, ein Bischof aus dem 4. Jh. Im Frontispiz ist ein Engelsreigen zu sehen, der die Bedeutung Michaels als Himmelsboten aufgreift. Dieses Bild wird links vom hl. Rochus, Patron der Pestkranken, flankiert, rechts von Blasius von Sebaste, Bischof und Märtyrer, dem Volk bekannt durch den Blasiussegen. Im Gebälk zwischen den beiden Bildern findet sich ein Doppelwappen: Dasjenige mit den Hundeköpfen gehört zum österreichischen Administrator Antonius von Rost, das mit drei Pfeilen zu dessen Frau, Maria Jacobea Felicitas, geborene Schütz. Die beiden Altarstifter waren die Eltern von Joseph Benedikt von Rost, der von 1728-54 als Bischof von Chur amtete.


Michaelsaltar, Bild aus Schweizerische Kunstführer GSK, Bern 2004 . "Die Kirchen von Rhäzüns"

 

Die weitere Ausstattung

Der Kirchenraum besitzt neben den wesentlich prägenden Altären weitere Ausstattungsstücke. Beachtenswert ist etwa der kelchförmige Taufstein rechts vom Eingang. Er wurde um 1700 aus rudimentärem Bündner Granit gefertigt. An der Wand zwischen Chor und linker Seitennische befindet sich die schwarz und rot marmorierte, mit vergoldetem Blattdekor verzierte Kanzel. Der Korpus nimmt in seiner Form den Grundriss des achteckigen Raums auf, wird von einem Schalldeckel überdacht und durch eine Rückwand zusammengefasst. Zu beiden Seiten der Kanzel stehen Holzplastiken: links eine Anna Selbdritt (Grossmutter Anna, Mutter Maria und Jesus), rechts eine Pietà (trauernde Mutter Gottes mit dem Gekreuzigten in den Armen). Diese beiden Figurengruppen sind älter als die Kirche: Die Anna Selbdritt stammt aus der zweiten Hälfte des 15. Jh., die Pietà aus dem Anfang des 16. Jh.Hinter der Kanzelwand befindet sich die Sakristei, die sowohl vom Chor als auch von der linken Seitennische aus betretbar ist. Dort wird unter anderem ein Ba r o c k k e l c h silber-vergoldet reich dekoriert mit Akanthuslaub und Engelsköpfen, die am Fuss vollplastisch heraustreten. In ovalen Kartuschen am Fuss: gravierte Bildnisse unter anderem Peterelli-Wappen mit Umschrift: „SS. Theologe Doctor Joannes Peterelli“ ...     


kelchförmiger Taufstein (Sammlung chrsp.)


Anna Selbdritt, Kanzel, Pietà (trauernde Mutter Gottes) (Sammlung chrsp.)

Barockkelch: Dr. Erwin Poeschel,  Bild aus Schweizerische Kunstführer d. Kant. Graub. Band ))). Verlag Birkh. Basel 1940


Johannes von Nepomuk (Sammlung chrsp.)

Auch im Chor sind Tafelbilder zu finden. Das Gemälde an der linken Wand zeigt eine Marienkrönungund stammt wohl von einem lombardischen Künstler um 1700. Das Werk gegenüber ist eine im 17. Jh. entstandene Kopie nach Federico Barocchis „Visitatio“ aus der Mitte des 16. Jh. und thematisiert die Heimsuchung Marias und Elisabeths (Begegnung der beiden ein Kind erwartenden Frauen). Beide Tafelbilder zeigen in der unteren linken Ecke das Wappen des Kircheninitiators Joannes Peterelli.

   
Marienkrönung (Sammlung chrsp.)  


Heimsuchung Marias und Elisabets (Sammlung chrsp.)  

Grabplatten: In der rechten Seitennische ist das Epitaph des 1726 verstorbenen österreichischen Administrators Aegidius Greuth angebracht, in den linken sind die Gedenksteine des 1777 verschiedenen Administrators Antonius Martinus von Hinderegger und des 1830 verstorbenen Georg Anton Vieli zu sehen. Das Epitaph des ersten österreichischen Administrators in Rhäzüns, des 1706 verstorbenen Antonius von Rost, ist an der ostseitigen Aussenwand angebracht. Das Epitaph (Grabdenkmal) des letzt genannten Antonius v. Rost kam bei der Durchführung der Aussenrenovation im Jahre 1968 zum Vorschein. M.s.u. Anhang 57. Zeittafel

Beim verlassen der Kirche fällt der Blick auf die 1974 erbaute Orgel auf der Empore über dem Eingang. Ihre Vorgängerin aus dem Jahr 1898 musste wegen Schäden ersetzt werden. Die jetzige Orgel stammt aus Felsberg und sorgt mit ihren zwei Manualen und zwölf Registern für ein tragendes Klangerlebnis.6


Empore und Orgel (Sammlung chrsp.)

 

Kirchweih-Urkunde 1701

Teilübersetzung: "Ulrich, von Gottes Gnaden und durch die Gunst des Heiligen Stuhles Bischof von Chur, Fürst des Heiligen Römischen Reiches und Herr zu Fürstenburg und Grosengstig ... 16. Oktober 1701 Kirche Rhäzüns geweiht, zu Ehren der Heiligsten Dreifaltigkeit und der seligen Jungfrau Maria, Patrocinium Mariae Geburt, mit drei Altären: 1. Zu Ehren der Heiligen Jungfrau, Anna und Theresia, mit den Reliquien der heiligen Martyrer Honoratus, Felix und Clementina .... 2. Rechts: S. Joseph ... Antonius von Padua, Johannes Evangelist etc. ..."7

 


Dokument aus dem Krichen-Archiv Rhäzüns. Urkunde der Kirchweihe der Pfarrkirche Maria Geburt vom 16. Oktober 1701    

 

Weitere Bau- und Renovationsgeschichte der Marienkirche

(Ältere Dokumente zur Renovationsgeschichte). Über Renovationen oder bauliche Änderungen an der Pfarrkirche im Laufe des 18. Jh. ist in den Akten nur wenig zu finden. Dass aber nach der Weihung der Kirche noch bauliche Ergänzungen vorgenommen wurden, zeigt etwa die Inschrift über dem Eingang: „IN HONOR: N(ativitati): B(eatea). V(irginis). M(ariae). 1719“. Eine erste Empore soll die Kirche um 1750 erhalten haben.

Auch für Renovationen im 19. Jahrhundert lassen sich nur einzelne Dokumente finden. So wurde 1824 eine neue Empore eingebaut und ebenfalls eine erste Orgel. Für 1858 und 1876 sind Renovationen am Dach respektive Turmdach belegt. 1870 wurden von der Firma Grassmayr, Feldkirch, drei neue Glocken geliefert. 1896 wurde der Hochaltar restauriert und 1898 wurden sowohl die alte Empore als auch die alte Orgel ersetzt. Die neue Orgel lieferten die Gebr. Mayer, Feldkirch. Im Jahr 1920 wurde die Orgel durch die gleiche Firma umgebaut (Einbau einer elektrischen Gebläseanlage). Diese Orgel wurde 1937 durch die Firma Doll in Luzern restauriert und 1946 von der Firma Metzler in Felsberg abermals restauriert und umgebaut. Die erste aus dem Jahr 1750 alte Empore fand in der Kirche St. Paul eine neue Verwendung. 1899 wurde der Kirchenturm mit einem Uhrwerk samt Turmuhr und Stundenschlag (Firma Maeder) ausgerüstet. 1924/26 wurde der Kirchturm renoviert; eine neue Glocke lieferte die Firma Rüetschi, Aarau. Diese ersetzte die zweitgrösste der 1870 eingesetzten Glocken, die gesprungen war.                                                                                                                              

Renovationstätigkeit der letzten Jahrzehnte: 1914 erfolgte eine umfassende Renovation der Kirche. Während über Details dieser Renovation wenig bekannt ist, sind die Akten im Zusammenhang mit den Renovationsarbeiten gegen Ende der 1960er Jahre weitaus gesprächiger. Damals ging es nicht nur um eine Instandstellung der Kirche, sondern um grundsätzlichere Fragen. Der wirtschaftliche Aufschwung in der Region und die stark gewachsene Einwohnerzahl der Gemeinde Rhäzüns riefen nämlich nach neuen baulichen Massnahmen. So schrieb Pfarrer Giusep Berther bereits im Pfarrblatt von 1957: „(…) wenn Rhäzüns in diesem Tempo sich weiterentwickelt, so muss mit der Zeit (…) der Mut und die Kraft aufgebracht werden, um eine befriedigende Lösung zu finden, denn die erste Aufgabe einer Pfarrkirche ist doch diese, dass sie den seelsorglichen und liturgischen Bedürfnissen der Pfarrgemeinde genügend dienen könne“.

Tatsächlich wurden eine Vergrösserung der Kirche respektive ein angrenzender Neubau in Erwägung gezogen. Vom anfänglich geplanten Abbruch der alten Kirche kam man schliesslich ab. Über diese anfänglichen Pläne berichtet das Protokollbuch der Baukommission Folgendes: „Im Jahre 1961 wurde eine Kommission bestellt, die mit dem Kirchenrat zusammen das Kirchenbauproblem und vor allem die von den beiden Architekten Berther und Maissen eingereichten Pläne prüfen sollte. Architekt Maissen sah einen Anbau gegen Norden vor und zwar in der genau gleichen Form und Grösse, gleichsam eine Kopie des oktogonen Kirchenschiffes. Von der kantonalen Denkmalpflege wurde dieser Plan rundweg abgelehnt. Architekt Berther wollte im Gegensatz zu Maissen das Kirchenschiff als Chor umgestalten, also im Prinzip die Kirche umkehren – die Empore hätte abgerissen werden müssen, der Eingang auf der Südseite wäre zugemauert und der Hochaltar beim jetzigen Haupteingang aufgestellt worden. Dadurch wäre bestimmt der wertvollste Teil der Kirche – das Oktogon – aufgewertet worden, weil durch das Abreissen der Empore die Kuppel als Zentralpunkt der Kirche stärker betont und unmittelbar darunter entsprechend der neuen Liturgie ein Tischaltar gestellt worden wäre. Bei beiden Plänen war der schwächste Punkt die Verbindung zwischen Alt- und Neubau – dieser Engpass bei der Kommunionbank“.9

1965 gelangte Architekt G. Berther mit folgendem Vorschlag an die Kirchgemeinde: In einer ersten Etappe sollte eine Aussenrenovation der bestehenden Pfarrkirche erfolgen; als zweite Etappe sollte hinter der jetzigen Kirche eine neue Kirche zu stehen kommen; die dritte Etappe sah schliesslich die Innenrestauration der alten Kirche vor. In einem im Pfarrblatt veröffentlichen Schreiben begründete der Architekt dieses Vorgehen: „Die Vergrösserung der Pfarrkirche in Rhäzüns bedarf eigentlich keiner Begründung. Der Raum ist bis in den letzten Winkel mit Bänken gefüllt. Die Bänke sind eng, zum Sitzen unbequem und lassen eine liturgische Haltung nicht zu. (…) Von der Empore will ich schweigen, die Sänger wissen darüber genügend Bescheid, einzig, dass sie fast die halbe Grundfläche des Kirchenschiffes beansprucht und dadurch die Schönheit des Raumes vergewaltigt. (…) Die Lösung liegt darin, dass ein einfacher, aber geräumiger Neubau erstellt wird. Ein kleiner, durch zwei gedeckte Zugänge begrenzter Hof stellt die Verbindung her“.10

Die Kirchgemeindeversammlung vom 25. November 1965 stimmte dem von Architekt Berther vorgeschlagenen Vorgehen in drei Etappen zu. Die Aussenrenovation samt Restaurierung des Turmes erfolgte im Jahr 1968. 

 

Glockenweihe der neuen Michaels-Glocke

In Verbindung mit der Aussenrenovation und Restaurierung des Turmes wurde gleichzeitig die Marienkirche unter kantonalen Denkmalschutz gestellt. Das Ende der Renovation am 27. Oktober 1968 ist mit der Weihe der neuen Glocke auf dem Schulhausplatz gefeiert worden. Das Geläut der Marienkirche präsentiert sich seither wie bis heute.

Etwas enttäuschend ging das Öffnen der Kugel auf der Kirchturmspitze aus. Lediglich eine kleine Karte der Firma Hatz aus Chur kam zum Vorschein.11 Hingegen füllte man die Kugel nun mit zahlreichen Informationen über die Situation von 1968, die bereits heute als interessante historische Dokumente dieser Zeit figurieren.12  So berichtet ein Schreiben über die politische Weltsituation (Kalter Krieg) und die Gefahr, die von den „nach Welteroberung brüllenden Bären aus Moskau“ ausgehe: 

Die Welt ist voller Unruhe und Kriegsgefahr. Die Westmächte, Amerika mit dem Europäischen Westen, stehen dem Europäischen Osten (Kommunisten) gegenüber. Die Grossmacht China hat sich mit der Spaltung von Moskau zu einer dritten Gefahr im Fernen Osten gebildet. Der Einfluss des Kommunismus ist auf der ganzen Welt sehr gross. In den 50er Jahren wurde die so genannte Koexistenz in die Vehemenz propagiert. Diese Taktik hatte in erster Linie den Zweck, Sand in den Augen der gutgesinnten Völker zu Streuen, um so durch Spionage, Infiltration und Unruhestiftungen auf eleganter Art und Weise zum Ziele zu kommen. Dass die Russen (Kommunisten) und die verbündeten Satelliten Wölfe im Schafspelz sind, sie nicht den Weltfrieden wollen, sondern die kommunistische Weltherrschaft anstreben, haben sie uns vorletzte Woche klar bewiesen. Durch den Einmarsch vom 21. August 1968 in die Tschechoslowakei und die brutale und gemeine Unterdrückung eines kleinen nach Selbstbestimmung ringenden Volkes haben sie der Welt das wahre Gesicht wieder einmal gezeigt.“ Das Schreiben schliesst mit der Erwähnung „der Ermordung des beliebten ersten katholischen Präsidenten der USA J. F. Kennedy“ und einigen Überlegungen zur Entwicklung des christlichen Glaubens. So habe das Zweite Vatikanische Konzil grosse Änderungen herbeigeführt. „Auf alle Fälle hat sich der Dialog mit anderen christlichen Kirchen als sehr vorteilhaft erwiesen. Wenn auch eine Wiedervereinigung im Glauben, z. B. mit den Protestanten, noch in weiter Ferne liegt, so darf man trotzdem hoffen, dass noch in diesem Jahrhundert ein Hirt und eine Herde sein werde“. 13 Eine etwas allzu optimistische Vorstellung, wie sich uns Nachgeborenen gezeigt hat.


Götti und Gotta der neuen Michaels-Glocke, Geschwister-Paar Pitz: Carl Pitz 1888-1971 und Dorathea Capaul-Pitz 1886-1969 (Sammlung chrsp.)


Die Fahnenträger der Jungmannschaft sind: Joseph Spadin (1910-2004) und Benedikt Spadin(1949) (Sammlung chrsp.)

Nach dieser ersten Bauetappe von 1968 wäre eigentlich der Bau einer neuen Kirche auf der Traktandenliste gestanden. Doch bereits 1969 heisst es in den Protokollen. „Die Einführung der Samstagabend-Messe, die realistische Beurteilung der Gemeinde- Entwicklung schien es möglich zu machen, die dritte Etappe (die Innenrestaurierung) vor der zweiten Etappe (die neue Saalkirche) des ursprünglichen Programmes auszuführen.“14 Und etwas später: „Die absolute Notwendigkeit einer räumlich grösseren Anlage ist heute mehr als umstritten.“15 So beschloss die Kirchgemeindeversammlung im Jahr 1970 auf den Bau einer neuen Kirche zu verzichten. 

Im März 1973 wurde hingegen die Innenrestaurierung der Pfarrkirche in Angriff genommen. Während der Zeit der Renovation wurde die Kirche ganz entleert, die Gemeinde stellte den Saal für den Gottesdienst zur Verfügung. Bereits nach gut sieben Monaten und zwar am dritten Sonntag im Oktober (Kirchweihfest) konnte der erste Gottesdienst in der renovierten Pfarrkirche gefeiert werden. Am 21. April 1974 fand schliesslich die Abschlussfeier der Renovationen statt samt Weihe des neuen Zelebrationsaltars und der neuen Orgel (Orgelbauer R. Freytag in Felsberg) durch Bischof Johannes Vonderach.

Im Jahr 1995 erfolgte eine Innenrestaurierung sowie Restaurierung der Südfassade. Im Jahr 1997 wurde der Turm restauriert, eine neue Glockensteuerung eingebaut und auch die Westfassade des Turmes erhielt ein neues Zifferblatt.16 Nun ist zu hoffen, dass unsere Nachkommen eben so viel Sorge zu unserem Kulturgut tragen.