19. Kirche St. Georg / Baselgia da sogn Gieri (1. Teil)

2. Teil >

Die Kirche St. Georg (S. Gieri) steht, ungefähr gleich weit von den Dörfern Rhäzüns und Bonaduz entfernt, jedoch stark abseits gelegen, am erhöhten Ufer des Hinterrheins auf einer isolierten, kleinen, waldbekränzten und abgeplatteten Schotter-Kuppe, die einen Durchmesser von ca. 40 m aufweist. An der Geländekante dieses Plateaus sind Spuren einer Umfassungsmauer der kleinen Georgs-Kirche. Kleinsondierungen haben eine Mauerstärke von 1 m nachgewiesen, was möglicherweise auf eine Wehrfunktion (Wehrkirche) hindeutet. Eine allfällige Befestigung des Kirchhügels von St. Georg könnte im Anschluss an die Feudalisierung des frühmittelalterlichen Kastells von Rhäzüns erfolgt sein.1   

 
1938: Dr. Erwin Poeschel, von Osten her (Polen-Weg). Die Kirche St. Georg. Aus: Die Denkmäler des Kantons Graubünden, Band III., Verlag Birkhäuser,  Basel, 1940.  (Sammlung chrsp.)


 Attribute des St. Georg: als Ritter mit Lanze im Drachenkampf


Das Wappen des Kreises Rhäzüns. (Bis zum heutigen Tag, auch wenn die Kreiseinteilung in Graubünden 2015 formal aufgehoben wurde)

Dieser Drachenkampf wurde als Vorbild für das Wappen des Kreises Rhäzüns gewählt, der aus den Gemeinden Rhäzüns, Bonaduz und Domat/Ems bestand. M.s.u. 17. Österreichische Rhäzünser Wappen

Die älteste Erwähnung stammt aus dem Jahr 960: Durch einen Tauschvertrag gelangte „die Kirche nämlich im Castell von Rhäzüns und Bonaduz mit ihrem Zehnten und allem kirchlichen Zubehör“ von Kaiser Otto I. an den Churer Bischof Hartbert. Mit dieser Kirche muss St. Georg (Romanisch „Sogn Gieri“) gemeint sein, obwohl die „eccl S. Georgii in Raezune et Peneduze“ urkundlich erst in der 1. Hälfte des 12. Jahrhunderts im Churer Nekrolog erscheint.(Der älteste Bau soll gemäss archäologischen Funden aus der Zeit um das 6./7. Jahrhundert stammen.)

Gotteshäuser mit St. Georg als Hauptpatrozinium kommen im Kanton Graubünden recht häufig vor; sie war die erste Talkirche zu ihrer Zeit und die einzige Kultusstelle in der Gegend; es gilt als sicher, dass sie von alter Zeit her die Mutterkirche der Herrschaft Rhäzüns und der alten Pfarrei von Rhäzüns-Bonaduz war; von Bedeutung muss in der Blütezeit der Kirchenbesuch aus den Dörfern Rhäzüns, Bonaduz, Ems, Felsberg, Feldis und Scheid gewesen sein; Begräbnisstätte: Der Hügel, auf dem die Kirche steht, war Begräbnisort der Bewohner von Rhäzüns, Feldis und Scheid und mutmasslich auch der Freiherren selber; die Kirche beherbergt berühmte Wandgemälde, die weit über unsere Landesgrenze hinaus bekannt sind; sie steht seit 1964 unter nationalem Denkmalschutz; der Hügel St. Georg ist ein so genannter Kraftplatz (27`000 Bovis). M.s.u. 9. Volkstümliches: Sagen, Märchen und Legenden3

 

Forschungsgeschichte und Bekanntmachung der Kirche St. Georg         

Vorerst: Die Auszeichnungen für die Arbeiten (Inventarisation) an der Kirche St. Georg durch Dr. Dietrich Jecklin: Zum Zwecke, die vaterländische Literatur durch einen Beitrag zu vermehren, hat der Verfasser unter anderem Kopien von den in Bünden vorhandenen Kirchenbildern, sowie deren Bearbeitung und Herausgaben in Text und Bild im Auge. Mit den Wandgemälden in der Kirche St. Georg bei Rhäzüns beginnend, wurde diese Arbeit schon in den Anfängen bereits am 1. Dez. 1877 an der bündnerischen Kunst- und Gewerbe-Ausstellungin Chur ehrenvoll anerkannt und am 13. Jan. 1878 durch S. Königliche Hoheit Carl Anton, den Fürsten von Sigmaringen, Deutschland,in Verleihung der goldenen Verdienstmedaille ausgezeichnet, wie ihr auch durch das Preisgericht der Pariser Welt-Ausstellung1878 ehrende Belobung zu Teil geworden istBereits im Jahr 1864 erwähnt Dr. Arnold Nüscheler, dass die Wandbilder zum Teil völlig zerstört seien und die Gewölbedekoration durch Übermalung beeinträchtigt. Diese Kirche befindet sich nicht im besten baulichen Zustande und schon nur um der Unterhaltung der Wandmalereien im Innern wegen dürfte eine baldige Ausbesserung sehr ratsam sein.   

Bis vor kurzem (verfasst 1880) waren die Bilder, die sie enthält, nur unter der Bevölkerung der Umgebung bekannt; nunmehr sind sie, dank den Bestrebungen der Herren Dr. J. R. Rahn, Dr. Ferdinand Keller und Dr. Arnold Nüscheler in Zürich, stärkeren Besuches gewürdigt worden. Die Bilder, vor einigen Jahren von der Hand des Herrn Pfyffer, Glasmaler in Luzern, kopiert, wurden durch den Verfasser dieses Werkes neuerdings durchgepaust, coloriert und nun in verfeinertem Massstabe und erläuterndem Texte in Buchform der Verbreitung übergeben.

Wie oben erwähnt, soll die erste Kirche St. Georg und zu ihrer Zeit einzige Kultusstelle in der Gegend gewesen sein. Schon in einer Urkunde des X. Jahrhunderts („ecclesia in castello Ruzunne, Beneduce“), wird aufgezeigt, in welcher sie anno 960 von Kaiser Otto I. dem Hochstifte Chur übergeben wurde. Von dieser Zeit an wird sie, soweit uns bekannt ist, in keinem der bischöflichen Dokumente mehr aufgeführt, sondern nur in Schriften, die in den Archiven von Rhäzüns, Bonaduz, Feldis und Scheid liegen. Nach diesen Beweisstücken war sie von alter Zeit her die erste Pfarrkirche in der Herrschaft Rhäzüns (Teil „Im Boden“)und bedeutend muss in ihrer Blütezeit der Besuch aus den Dörfern Rhäzüns, Bonaduz, Ems, Felsberg, Feldis und Scheid gewesen sein; noch kurz vor der Reformation in Bünden waren die Bewohner letzterer zwei Berggemeinden nach St. Georg kirchgenössig. – Ehedem führte eine Brücke, die „Feldiser Brücke“, am Fusse des Hügels, auf welchem die Kirche steht, über den Rhein, zum Dienste der Gläubigen auf dem Gebirge. Von dieser Brücke aus schlängelte sich ein Fussweg erstlich durch den Wald hinein, dann hinauf nach Feldis, das 1483 Meter hoch liegt.

An den zum Teil zugemauerten Rundbogenfenstern lässt sich erkennen, dass die Kirche ursprünglich in romanischer Bauart angelegt war, mit der Zeit aber, behufs Erweiterung, zum grösseren Teil abgerissen und wieder aufgebaut wurde. Es dürfte das Gebäude, wie es heute da steht, ein Werk der Freiherren von Rhäzüns sein und wahrscheinlich aus dem XIII. Jahrhundert stammen. Die Freiherren von Rhäzüns haben dieser Kirche, die in ersteren Zeiten keine nähere Benennung hatte und eben nur als „ecclesia in castello Ruzunes et Beneduce“ bezeichnet wird, den Namen St. Georg gegeben, wie auch in ihrer Stammfolge mehrere ihres Geschlechts sich Georg nannten. Die Kirche diente nun in ihrer neuern (seit dem XIII. Jahrhundert), durch die erwähnten Freiherren von Rhäzüns und die denselben folgenden „Baronen“ gegebenen Gestalt dem geistlichen Kultus der Schlossherren und der Herrschaftsleute „im Rhäzünser Boden“ später auch Feldis und Scheid als Mutterkirche. Der Hügel, den sie beherrscht, war Begräbnisplatz der Rhäzünser Gemeindsgenossen, der Bewohner von Feldis und Scheid, mutmasslich auch der Freiherren selber.

Nachdem die Edeln von Rhäzüns anno 1458 in der Person des Freiherrn Georg ausstarben, kam die Herrschaft durch Erbe an die Grafen von Zollern, gelangte dann pfandweise 1490 an die Edeln von Marmels, um 1497 durch Tausch gegen die heute Zollern`sche Herrschaft Haigerloch in Schwaben an das Erzhaus Österreich überzugehen. Dann wurde sie von diesem Letztern zuerst an Gli