6. Schulwesen / Schulhäuser

Anfänge der Volksschulen

„Die wichtigste Lektion, die wir unseren Kindern beibringen müssen, ist die Wahrheit“ (Goldie Hawn)

In „Frei-Rätien“ (offiziell: Republik der Drei Bünde) trieb die Reformation die Entstehung der Volksschulen voran

Während früher vom Zeitalter der Reformation und Gegenreformation gesprochen und damit der Gegensatz zwischen den zwei Konfessionen betont wurde, werden heute diese Phänomene in einen allgemeineren religionsgeschichtlichen Zusammenhang eingeordnet.1

Nach der schwierigen Zeit der Reformation und der Bündner Wirren war die bischöfliche Macht von Chur stark ausgehöhlt. Das Hochstift wurde zum Spielball der adligen Faktionen, Bistum und Kapitel waren desorganisiert. Bischof Borromäus vom Bistum Milano wurde über die Not informiert; er erkannte das Problem und ordnete Hilfe an, indem er Kapuziner aus den Provinzen Milano und Brescia nach „Frei-Rätien“ schickte, die als Missionare in den romanischsprachigen Gebieten des Freistaates wirken sollten. Bei den Kapuzinern gehörte es zu ihrem religiösen Programm, Lese- und Schreibunterricht zu erteilen, aber auch für die Errichtung von neuen wichtigen Kirchen zu sorgen, um „die Gegenreformation voranzutreiben“. Zu dieser Zeit, um 1625/40, mangelte es an einheimischen Geistlichen; darum wirkten in Rhäzüns und in der weiteren Umgebung Kapuziner.Die Konfessionalisierung führte zum Ausbau des Schulwesens im 17. Jahrhundert (Volksschule, bischöfliches Seminar) und förderte das Aufkommen volkssprachlicher Texte (Bibel, Katechismen, Lieder- und Gebetbücher), womit auch das Deutsche zurückgebunden wurde.Um die 17. Jahrhundertwende stand wie anderswo in Graubünden auch in Rhäzüns die Schule in ihren Anfängen unter kirchlicher Leitung. Der Geistliche erteilte Lese- und Schreibunterricht, um die religiöse Unterweisung zu vertiefen.4

Eine Religion gibt dann ihr Bestes, wenn sie im Wettstreit mit andern Religionen leben muss; bleibt sie unangefochten und macht niemand ihr die Herrschaft streitig, so droht ihr die Gefahr der Intoleranz.5

1737: Schulwesen in den Stammgemeinden der Herrschaft Rhäzüns

Die Schulausbildung bildete vorerst nicht einen Teil der Nachbarschaftsverwaltung. Es gehörte nämlich zur Aufgabe des jeweiligen Frühmessers (Kaplans), während des ganzen Jahres Schule zu halten und die Kinder sowohl in als auch ausserhalb der Kirche zu erziehen. Während der Winterzeit, d. h. zwischen dem 1. Dezember und Mitte März, stand ihm ein Helfer, der von der Nachbarschaft gestellt wurde, zur Seite. Vom 10. Oktober bis zum 15. April konnte ein Einheimischer die Schule gratis besuchen, ein Fremder aber hatte 6 Batzen im Monat zu bezahlen. Zwischen dem 15. April und dem 10. Oktober hatte ein Einheimischer monatlich 6 und ein Fremder 12 Batzen zu entrichten.

(1 Batzen = 4 2/3 Bluzger. 60 Bluzger = 1 Franken). Zeigten weniger als 6 Schüler Interesse am Schulbesuch, hatten sie insgesamt so viel wie 6 Schüler zu bezahlen. Die Nachbarschaft aber hatte nur Einfluss auf die Wahl des Frühmessers. Oft geschah es, dass nicht der für die Nachbarschaft geeignetste Kandidat gewählt wurde, sondern auf Verwandtschaft und anderes abgestellt wurde. Es war deshalb im Fall, dass ein unqualifizierter oder ein allzu junger Geistlicher gewählt wurde, die Möglichkeit vorgesehen, eine Wahl für ungültig erklären lassen. Dies sollte dann durch eine kleine Anzahl von Nachbargemeinden zustande gebracht werden.

1752: Eine Schule ist im Pfarrarchiv erstmals 1752 erwähnt, in einem Vertrag zwischen den Erben eines Jeremias Carschiat (?) und den Vertretern des Schulrats betreffend Durchgang durch das Schulhaus.

1787: Im Jahr 1787 wurde durch Georg Anton Vieli (1745-1830) eine Stiftung gegründet, die einen Betrag von 400 Gulden zugunsten der Dorfschule spendete.Der Schulbesuch war freiwillig und erfasste nicht alle heutzutage schulpflichtigen Kinder. Er erfolgte zudem unregelmässig und die Schuldauer wurde nach Belieben verlängert oder gekürzt.

1833Offizielle Gründung der Dorfschule unter Aufsicht des Katholischen Schulvereins.8

Das Erste Schulhaus in Rhäzüns, von ca. 1680 bis 1859

     
1947: ca. 1680-1859 erstes Schulhaus (altes Pfarrhaus bis 1910) (Sammlung chrsp.)

„Nachdem es sämtliche Dorfbrände, Rüfen (Muren), die Spanier, den Jenatsch, die Franzosen etc. heil überstund“, präsentiert sich das alte Schul-Pfarrhaus heute noch in seiner alten Form.9


1900, Rhäzüns: Ansicht des Dorfteils Davitg von Südwesten her, vor dem Brand 1903; weiss umkreist: das alte Schul- und Pfarrhaus, Via Sogn Paul 4. Die Schullokalitäten befanden sich in einem Holzstrickbau zwischen Pfarrhaus und Scheune.10 (Sammlung chrsp.)

1840: Erhebung des Kantons: Rhäzüns zählte 410 Einw.; 70 „schulpflichtige“ Kinder, wovon 50 die Schule besuchten.11

1841: Ein Schreiben des Katholischen Schulvereins aus dem Jahr 1841 mit der Aufforderung, an der Verbesserung des Schulwesens teilzuhaben, und ein Protestschreiben der Gemeinden Rhäzüns und Bonaduz aus dem Jahr 1844 gegen die Errichtung eines paritätischen Erziehungsdepartementes zeigen, das im 19. Jahrhundert auch hier der (Kultur-)Kampf um die Schule entbrannt war.12

1846: Einführung der staatlichen Schule.1

1850: Mädchen-Internatsschulheim Schoss Rhäzüns. Um 1850 richtete Pater Theodosius Florentini eine Mädchen-Internatsschule im Schloss Rhäzüns ein, die aber schon im Jahr 1854 nach Rorschach SG verlegt wurde.18

1859: Ein neues Schulhaus wurde in Curtgani (heute via Baselgia 1, zunächst Laden des Konsumvereins und später Geschäftshaus) gebaut.14 ImParterre brachte man die Dorf-Sennerei/Cascharia unter. Es ist anzunehmen, dass die Gemeindekanzlei ebenfalls im Schulhaus untergebracht wurde.

Photo um 1900: Schulhaus und Sennerei in Curtgani beim Dorfbrunnen. Die linke Haustüre führte zur Schule, die rechte zur Sennerei/Cascharia. (Sammlung chrsp.)

1871: Erhebung des Kantons: 61 Schüler unserer Schule sprachen Romanisch, 4 sprachen Deutsch. Unterrichtet wurde trotzdem in deutscher Sprache! Die Schule hat sich seit ihren Anfängen der deutschen Sprache bedient; ursprünglich aus Mangel an Unterrichtsbüchern in Romanisch. Unter dem Einfluss einzelner Schulinspektoren verbot das Erziehungsdepartement um die 20. Jahrhundertwende den Schulen im Bezirk Imboden, sich in der Schule der romanischen Sprache zu bedienen.15 

1890/91: Anfänge der Schulklassen-Photographien


Schuljahr 1890/91: Unterschule Rhäzüns (Sammlung chrsp.)


Schuljahr 1890/91: Mittelschule Rhäzüns (Sammlung chrsp.)


Schuljahr 1896/97: Oberschule Rhäzüns (Sammlung chrsp.)


Schuljahr 1912: Jahrgänge 1904/05/06/07 (Sammlung chrsp.)


1905/06 Mittelschule Rhäzüns (Sammlung chrsp.)


Schuljahr 1916/17: Mittelschule Rhäzüns (Sammlung chrsp.)


1915 Schulreise der Gesamtschule von Rhäzüns (Sammlung chrsp.)

Schuljahr1926/27 Ausflug der Mittel- u. Oberschule Rhäzüns (Sammlung chrsp.)


 "Erinnerung an die Schulzeit 1921" (Sammlung chrsp.


1923: Neubau des noch heute in Gebrauch stehenden Schulhauses gegenüber der Pfarrkirche Maria Geburt. Bei der Einweihung spielte die Musikgesellschaft, die Schüler sangen und der Chor Baselgia viril da Razén sang ein Weihnachts- Oratorium sowie das Lied „Sonntag ist`s“ von Simon Breu, unter der Leitung von Stephanus Antonius Camenisch (1865-1928).16

          
Herbst 2010 (Sammlung chrsp.)

Im neuen Schulhaus-Komplex wurde folgendes untergebracht: Gemeindekanzlei, Forstbüro, Bibliothek, Duschanlage für die Dorfbevölkerung, Feuerwehrlokalitäten, ein Unterstand für die schwarze Tafel, ein Mehrzweck-Saal (sala polivalenta) mit Bühne für Gemeinde- und Vereinsversammlungen, Lokalitäten für Turnunterricht, Konzerte, Festveranstaltungen usw. Im Dachgeschoss wurden zwei Wohnungen ausgebaut, eine für die Abwarts-Familie und die zweite für die Ingenbohler Schwestern. Westlich des neuen Schulhauses stand eine Scheune/Stall, die für die Forst-Werkgruppe eingerichtet wurde.    

1930: Vereinigung der Sekundarschulen Rhäzüns und Bonaduz in Bonaduz.
1944: Trennung von der Sekundarschule Bonaduz


Sekundarschule Jahrgänge 1941/42, Lehrer Dosi Caliezi (Sammlung chrsp.)

1958Inbetriebnahme der Luftseilbahn Rhäzüns-Feldis/Veulden (LRF). Die Schüler von Feldis des Jahrgangs 1945 durften die ersten sein, die über die Verbindung mit der LRF die Oberstufe in Rhäzüns besuchten.                                                                                                    

Schulzeiten um 1960: Zu dieser Zeit dauerte das Schuljahr von der letzten September-Woche bis zur dritten Mai-Woche. Der Schulalltag begann von Montag bis und mit Samstag jeden Tag zwischen 7.30h und 8.00h mit dem Kirchgang zum Gottesdienst. Die Schulzeiten waren morgens von 8.00 Uhr bis 11.30 Mittag  und von 13.00 Uhr bis 16.00h. Mittwoch- und Samstagnachmittag war schulfrei.              

1966: Gründung einer Realschule, zugleich Wiedervereinigung der Oberstufen mit Bonaduz: Sekundarschule in Bonaduz,  Realschule (damals Werkschule) in Rhäzüns.

1968: Schülerzahl Total 131 (ohne Kindergarten)

In Rhäzüns werden die 6 Primarklassen unterrichtet. Am Ende der 6. Klasse werden die Schüler entsprechend den Prüfungsergebnissen entweder der Sekundar- oder der Werkschule zugeteilt. Die 3-klassige Sekundarschule und die 2-klassige Realschule werden zusammen mit der Nachbargemeinde Bonaduz geführt.

1983: Erneute Trennung von Bonaduz: Die vereinigten Real- und Sekundarschulen von Rhäzüns und Bonaduz trennen sich wieder. Wegen zunehmender Schülerzahlen müssen die Doppelklassen in Einzelklassen getrennt werden. Erwerb der Liegenschaft von Alexander Caliezi-Jeger, um das bestehende Schulhaus auf der westlichen Seite zu erweitern.

1985: Neubau Oberstufen-Schulhaus mit 4 Schullokalitäten, auf der Westseite des bestehenden Schulhauses angebaut.  


Herbst 2010 Sammlung chrsp.


Herbst 2010 Schulpavillon für zwei Schullokalitäten, erstellt 1993 (Sammlung chrsp.)

2008: Abermalige Wiedervereinigung mit der Oberstufe Bonaduz. Ab August 2008 vereinigten sich die Real- und Sekundarschulen Rhäzüns und Bonaduz wieder in Bonaduz und nennen sich Oberstufen-Schulverband Bonaduz–Rhäzüns (OSBR). 

2009: 1320 Einwohner, davon 180 schulpflichtige Kinder.17


Hauptportal des Schulhauses (Sammlung chrsp.)


Hintereingang zum Schulhaus (Sammlung chrsp.)

Handarbeits- und Haushaltungsschule sowie eine Fortbildungsschule für Erwachsene

Zum Dorfbild von Rhäzüns gehörten vor nicht allzu langer Zeit auch die Schwestern von Ingenbohl, die hier im Dienste der Gemeinde wirkten. Bereits 1850 hatte Pater Theodosius Florentini Ingenbohler Schwestern nach Rhäzüns berufen, nachdem er 1849 einen Teil des Schlosses gemietet hatte, um ein Pensionat einzurichten. Doch schon ein Jahr später wurde dieses nach Zizers verlegt. Für die Jahre 1861-1880 finden sich Hinweise, dass die Schwestern als Lehrerinnen in Rhäzüns gewirkt haben. Eine umfassende Chronologie des Wirkens der Ingenbohler Schwestern in Rhäzüns ist aber erst ab 1939 vorhanden. Die Niederlassung wurde 1988 aufgehoben.

1939: Im Einvernehmen mit dem Frauenverein bat der Ortspfarrer um eine Handarbeits- und Hauswirtschaftslehrerin. Vom 4. November 1939 bis 1948 übernahm Schwester Alphonsa Maria Zwicker diese Aufgabe. Danach wurde sie als Oberin nach Dornach berufen.


1939 Fortbildungsschule mit Schwester Alphonsa Maria (Sammlung chrsp.)


1939 Fortbildung für Handarbeits- und Haushaltungsschule Jahrg. 1924/25. Schwester Alphonsa Maria (Sammlung chrsp.)

   
Handarbeitsschule 1939 - 1948 Schwester Alphonsa Maria (Sammlung chr.)

1948 - 1954 Schwester Cyra Stoffel
1954 - 1957 Schwester M. Evelina Zehnder 
1957 - 1978 Schwester Giuana Solèr
1980 - 1987 Schwester M. Armata Züger19


Kindergarten (Scoletta)

Nach der Entstehung des Frauenvereins stand bei diesem schon bald „Gründung eines Kindergartens“ auf der Traktandenliste (Quelle: Chronik des Frauenvereins). Mit Unterstützung des damaligen Herrn Pfarrers Simonet (siehe folgender Abschnitt) wurde die Gründung auch gleich in Angriff genommen.                                                                                                 

1941, Gründung des Kindergartens: Der Herr Pfarrer Simonet besuchte jede Familie und bat um Spenden für den Kindergarten. Madame Dorothea Capaul-Pitz war eine grosse Förderin und spendete Fr. 600.- für Tische und Stühle. Angestellt wurde Schwester Alfonsa Maria mit einem Monatsgehalt von Fr. 50.-, abzüglich Fr. 13.50 für Bahnspesen für das Pendeln von Domat/Ems nach Rhäzüns. Sie betreute 40 Kinder in einem Raum. Kosten für den Kindergartenbesuch: Fr. 2.-.


1945 Kindergarten Jahrgänge 1939 /40 /41 (Sammlung chrsp.)


 Jahrgänge 1949/50/51 Schwester Gaudenzia (Sammlung chrsp.)

1957 - 1965 Schwester Giuana Solèr 
1965 -1968 Schwester M. Vigelia Monn 
1969 - kehrte Schwester M. Gaudentia Monn wieder nach Rhäzüns zurück.

1972: Der Kindergarten im Primarschulhaus platzt aus allen Nähten. Ein Neubau ist dringend erforderlich. Kostenvoranschlag: Fr. 150`000.-. 

1973: erfolgt die Gründung der „Fundaziun Scoletta“. Diese Stiftung, bestehend aus dem Frauen- und Mütterverein Rhäzüns, der katholischen Kirchgemeinde Rhäzüns und der politischen Gemeinde Rhäzüns, bezweckte den Bau eines Kindergartens. Die Kirchgemeinde stellte das Grundstück hinter der Kirche, das sie als Geschenk von der Familie Jeger für eine Erweiterung der Pfarrkirche anfangs 1960 erhalten hatte, gratis der Stiftung zu diesem Zweck zur Verfügung. Einen ersten Kindergarten hatten die Ingenbohler Schwestern bereits 1941 im Schulhaus eingerichtet. 1987 ging der Kindergarten schliesslich an die politische Gemeinde über.

1973: Neubau Kindergarten-Pavillon


1973 aus Pfarrblatt, Jahrgänge 1967/68 mit Pfarrer Giusep Giger, Schwester Gaudenzia 

1969 -1978 Schwester Giuana Solèr 
1978- 1980 Schwester M. Armata Züger und Schwester M. Gaudentia 
1980 -1981 Schwester Gelgia Sgierin
1986: Schwester Adelgard Zweifel Aufgaben in der Pfarrei
1987: wurden die Schwestern M. Armata Züger und M. Gaudentia Monn abberufen. Schwester Elisabeth Hauenstein besorgte den Haushalt und erteilte Religionsunterricht bei den Kleinen
1988: kehrten die letzten Schwestern aus Rhäzüns zurück. Die Niederlassung wurde aufgehoben.  
1988: Die Gemeinde übernimmt den Kindergarten (die Scoletta)
1991: Gründung Spielgruppe mit Heidi Gartmann.
1994: Der Kindergarten-Pavillon wurde ein Raub der Flammen und musste ganz abgebrochen werden.20
2003: Gründung Waldspielgruppe mit Katrin Benesch und Carla Huber
2007: Gründung der Krabelspielgruppe mit Andrea Heini und Daniela Brügger.20

1998: Neubau Kindergarten-Pavillon; wurde nach dem Brand am gleichen Ort wieder aufgebaut.


1998 Neubau Kindergarten (Sammlung chrsp.)