23. Kapelle hl. Apollonia / Caplutta da sontga Balugna

 

Eine kleinere rechteckige Kapelle (das Schiff der heutigen Kapelle) stand sehr wahrscheinlich schon vor dem Bau der Marienkirche an dieser Stelle. Ein Architekt vermutet im Zusammenhang mit der Restauration der Marienkirche 1968: „Schon bevor 1697 der Bau der heutigen Pfarrkirche beginnt, steht im Baumgarten eine kleine, rechteckige, der heiligen Apollonia geweihte Kapelle“.1


Kapelle St. Apollonia, Ansicht von Süden (Sammlung chrsp.)


Heilige Apollonia / Songta Balugna, als Märtyrerin (unter Kaiser Decius) verehrte Jungfrau; gilt als Helferin gegen Kopf- und Zahnschmerzen. Patrozinium-Fest am 9. Februar (Sammlung chrsp.)

Westlich der Pfarrkirche Nossadunna, fast auf der Höhe des Chors, steht die kleine, malerisch anmutende Kapelle Songta Balugna. Der österreichische Administrator Johann Baptist Wenser von Freienturm liess den urkundlich erstmals im Jahr 1711 erwähnten Bau mit Steildach 1727 nach Norden erweitern. Grund für diese Stiftung war die wunderbare Heilung seines missgestaltet geborenen Kindes.

Im Giebelfeld über dem schlichten Eingang ist die Patronin, die hl. Apollonia von Alexandria, dargestellt, einer Malerei aus dem 19. Jh. Ihr Martyrium wird durch eine Zange mit eingeklemmtem Zahn versinnbildlicht, erkennbar in der linken Hand der Jungfrau. Die Platzierung des Wappens von Johann Baptist Wenser von Freienturm und dessen Frau, Maria Elisabeth Sybilla von Eberhard unterhalb des Giebelfelds dürfte im Zusammenhang mit der oben erwähnten Erweiterung stehen. Die heutige Kapelle besteht somit aus zwei Teilen: einem nahezu quadratischen Vorraum und dem dahinter angefügten, achteckigen Altarraum mit Kuppel.


der achteckige Altarraum der Apolloniakapelle (Sammlung chrsp.)

Das Innere der Kapelle ist schlicht. Der erste, vorraumartige Bereich schlägt eine Längsrichtung an und zeigt ein einfaches Kreuzgewölbe, kombiniert mit einer schmalen Tonne. Hier sind wenige, zum Teil bereits aus der Pfarrkirche Nossadunna bekannte, gemalte Heiligendarstellungen zu sehen: über der Fensteröffnung rechts der hl. Nepomuk, links der hl. Johannes der Täufer. Der Altarraum bildet ein reines Oktogon, bei dem nur der Sektor, an den sich der Vorraum anschliesst, um weniges verbreitert ist. Dieses Oktogon ist mit einer Kuppel überwölbt, in der sich eine Laterne öffnet. Auf der Altarmensa steht anstelle eines Retabels lediglich ein Tafelgemälde mit reich geschnitztem Rahmen. Es zeigt unter dem Allianzwappen Wenser-Eberhard Maria mit dem Jesuskind, wie sie die armen Seelen im Fegefeuer trösten.


hl. Nepomuk, (Sammlung chrsp.)   


hl. Johannes der Täufer (Sammlung chrsp.)


hl. Alex (Sammlung chrsp.)


Die Laterne in der Kuppel des Oktogons; ein Vogel ist darin als Strahler des Lichtes dargestellt (Sammlung chrsp.)

   
Grundriss der Apollonia-Kapelle 

Songta Balugna ist eine reizvolle Umkehrung der Grundrissgestaltung der Pfarrkirche Maria-Geburt in verkleinertem Massstab. Ist die Marienkirche durch ihre Monumentalität Grundriss der Apollonia-Kapelle eher Ehrfurcht einflössend, vermittelt die Apolloniakapelle Vertrautheit und Intimität und ist damit eine sehenswerte Ergänzung.2                     

In einem Schreiben vom 6. September 1727 im bischöflichen Archiv heisst es dazu: „Wir Ulrich, durch Gottes Gnade und die Gunst des Apostolischen Stuhles Bischof von Chur, Herr von Fürstenau und Fürstenberg, bezeugen hiermit: Die hochwohlgeborene Frau Maria Elisabeth, Gattin des hochwohlgeborenen Herrn Johannes Baptista Wenser von und zu Freienturm, kaiserlicher Gesandter bei der Rhätischen Republik in Rhäzüns hat ein Kind geboren, das ums Kinn die Gestalt einer Maus zeigte, wobei alle Mausteile deutlich unterschieden werden konnten. Als wir dieses Kind am 17. April 1708 im heiligen Quell tauften, haben wir das selber gesehen und ebenso alle anderen Anwesenden. Der genannte hochwohlgeborene Herr gelobte, in Rhäzüns neben der Hauptkirche eine Kapelle zu erbauen zur Ehre Gottes, zu Ehren der seligen Jungfrau Maria, des heiligen Ulrich, Bischof von Augsburg. Ferner gelobte er, das Kind Ulrich zu nennen. Drei Tage darauf verschwand plötzlich die erwähnte Maus-Missbildung, so dass man beim Kind, das überlebte, gar nichts mehr bemerken konnte.“3


Einweihungsurkunde der Apolloniakapelle vom 14. April 1727  

Übersetzung der Einweihungsurkunde der Apolloniakapelle: „Ulrich, durch Gottes Gnaden und die Gunst des Apostolischen Stuhles, Bischof von Chur, Fürst des Heiligen Römischen Reiches, Herr zu Fürstenburg und Fürstenau – allen, die diesen Brief lesen oder hören, entbieten wir Gottes ewigen Segen. Wir bekunden hiermit, dass wir im Jahre des Herrn 1727 am 14. April, Ostermontag, in Rhäzüns, Diözese Chur, die Kapelle geweiht haben zu Ehren der Heiligsten Dreifaltigkeit und der seligen Jungfrau Maria, unter dem Namen der seligen Jungfrau und Gottesmutter Maria, der heiligen Apollonia, Ulrich, Alexis, Johannes Nepomuk, Antonius von Padua und zum besonderen Gedenken aller Verstorbenen. Ebenso haben wir den Altar dieser Kapelle geweiht, zu Ehren der genannten Heiligen und zum Gedenken aller Verstorbenen. In den Altar eingeschlossen haben wir Reliquien der heiligen Casta und weiterer Martyrer. Den Gläubigen, die am Jahrestag der Weihe die Kapelle besuchen, gewähren wir unter den gewöhnlichen Bedingungen einen Ablass von 40 Tagen. Als Jahrestag der Kapellenweihe, der jedes Jahr zu begehen ist, bestimmen wir den 2. Sonntag nach dem Feste des Heiligen Bischofs Ulrich im Juli (4. Juli) ... Datum den 14 April 1727... Ulrich, Bischof von Chur ...  Johannes Baptist Ulrich? 4    

Kapelle als LeichenhalleSeit dem Jahr 2000 wird die Kapelle als Leichenhalle für die Aufbahrung der Verstorbenen genutzt.